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Geowissen

Bald Tiefseeabbau von Manganknollen?

Forschungsfahrt erkundete Rohstoffmenge und Ökologie im deutschen Manganknollen-Lizenzgebiet

Im Pazifik geborgene Manganknolle © BGR

Manganknollen sind wertvolle Lieferanten von Metallrohstoffen, doch sie liegen in tausenden Metern Tiefe am Meeresgrund. Trotzdem könnte sich der Abbau bald wieder lohnen. Auf einer Forschungsfahrt in das deutsche Manganknollen-Lizenzgebiet im Zentralpazifik haben Wissenschaftler jetzt Knollendichte und Ökologie des Tiefseeareals untersucht.

Manganknollen enthalten durchschnittlich einen Anteil von rund 25 Prozent Mangan, gemischt mit rund drei Prozent Kupfer, Nickel oder Kobalt. Damit sind die auf dem Grund der Ozeane wachsenden Knollen eine wertvolle Quelle für Metalle. Bereits in den 1970er Jahren führten daher Institute wie auch Industrieunternehmen zahlreicher Länder Forschungskampagnen und erste Aktivitäten für einen Testabbau in einem Gebiet nördlich des zentralen äquatorialen Pazifik durch. Als jedoch in den 1980er Jahren der Rohstoffpreis für Wertmetalle einbrach, erlahmte auch das Interesse der Industrie am technisch aufwändigen und damit teuren Tiefseebergbau.

Steigende Rohstoffpreise machen Abbau wieder lukrativ

Heute allerdings haben Manganknollen angesichts steigender Rohstoffpreise wieder Konjunktur. Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA hat bereits acht Lizenzgebiete für ihren Abbau an Vertragspartner aus verschiedenen Ländern vergeben, darunter auch Deutschland. Es erhält damit das exklusive Recht, in rund 5.000 Metern Tiefe auf einem Meeresareal von 75.000 Quadratkilometern Größe fünfzehn Jahre lang den Bestand der rohstoffreichen Manganknollen zu erfassen.

Eine erste fünfwöchige Forschungsfahrt in das Gebiet hat jetzt ein Wissenschaftler-Team der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) absolviert. Neben den Wissenschaftlern der BGR nahmen Forscher des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften in Kiel, des Alfred-Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, des Deutschen Zentrums für Marine Biodiversitätsforschung (DZMB) am Senckenberg-Institut in Wilhelmshaven und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen teil.

Manganknollendichte ausreichend

Die Untersuchungen des Meeresbodens in verschiedenen Arealen des Lizenzgebietes mit einem Videoschlitten haben gezeigt, dass der deutsche Claim großflächig dicht mit Manganknollen belegt ist. „Die Knollen sind meist 3-6 Zentimeter groß, die größten Exemplare erreichen 20 Zentimeter Durchmesser. Erste Abschätzungen anhand der neugewonnenen Daten zeigen, dass im Lizenzgebiet etwa eine Milliarde Tonnen Knollen liegen, mit hohen Nickel- und Kupfergehalte zwischen 2,3 und 3,0 Prozent“, erklärt Thomas Kuhn, BGR-Leiter des Geologielabors an Bord.

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Manganknollen- Lizenzgebiete im Zentralpazifik © BGR

Tiefsee-Ökosystem untersucht

Strittig ist bisher, wie die Ökosysteme der Tiefsee den starken Eingriff in ihren Lebensraum verkraften,. Die Testgebiete aus den 1970er Jahren sind bis heute deutlich an geringerem Artenreichtum und weniger dichter Besiedelung zu erkennen. Um hier Aufschluss zu gewinnen, untersuchten die Wissenschaftler den Artenreichtum der Tierwelt in den ausgedehnten Knollenfeldern unter den extremen Bedingungen der Tiefsee mit völliger Dunkelheit, frostiger Kälte und enormem Druck. Für eine Bestandsaufnahme der Bodenlebewesen stanzten sie mit Hilfe von so genannten Kastengreifern 50 x 50 Zentimeter große Proben des Meeresbodens aus und hievten sie an Bord. Zusätzlich wurde mehrfach eine Art Fangnetz, das in einen Metallschlitten eingespannt war, über den Meeresboden gezogen, um möglichst viele Tierarten bestimmen zu können.

Möglichkeit der Wiederbesiedlung theoretisch gegeben

Die Untersuchungen zur Biodiversität ergaben, dass die Tierwelt auf dem Meeresboden im

deutschen Lizenzgebiet sehr stark der des französischen Lizenzgebietes rund. 1.000 Kilometer weiter westlich ähnelt. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass zumindest innerhalb der Clarion- und Clipperton-Bruchzonen, die den Manganknollengürtel im Norden und Süden begrenzen, keine Barrieren vorhanden sind, die eine Wiederbesiedlung nach einem möglichen zukünftigen Abbau von Manganknollen verhindern würden. Ob und in welchem Zeitraum eine solche „Renaturierung“ stattfinden wird, ist damit allerdings nicht geklärt.

Nach Angaben der Forscher deuten die Beobachtungen mit dem Videoschlitten zudem darauf hin, dass die Tierwelt der untermeerischen Vulkane den Bodenlebewesen der Tiefseeebenen entspricht. Damit könnten die Vulkane Refugien für die Tiefseebewohner darstellen, von denen aus eine Neubesiedlung stattfinden könnte.

„Manganknollen sind eine Rohstoffquelle der Zukunft für Buntmetalle wie Kupfer oder Nickel“, erklärt BGR-Expeditionsleiter Carsten Rühlemann. „Vor diesem Hintergrund ist das Vorhaben auch eine Maßnahme der strategischen Zukunftsvorsorge. Durch die frühzeitige Forschungstätigkeit der BGR wird ein Beitrag zur künftigen Rohstoffsicherung unseres Landes geleistet.“

(BGR, 11.06.2010 – NPO)

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