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Geowissen

Australien kippelt mit den Jahreszeiten

Kontinent bewegt sich mehrere Millimeter auf und ab

Australien kippelt im Takt der Jahreszeiten hin und her © NASA

Schwankender Kontinent: Australien bewegt sich im Takt der Jahreszeiten. Der Kontinent rutscht im Sommer einen Millimeter nach Nordwesten und kippt dort zwei bis drei Millimeter nach unten. Im Südosten hebt sich der Festlandssockel dagegen um das gleiche Maß. Im Winter kehrt sich die Bewegung um, wie Forscher ermittelt haben. Die Ursache dafür: Die jahreszeitlich wechselnden Vereisungen verschieben das Massenzentrum der Erde.

Das Schwerefeld unserer Erde ist nicht gleichförmig, sondern ähnelt eher einer zerbeulten Kartoffel. Denn die Dichte der Erdkruste, die Last von Eiskappen und Gletschern und auch die Verteilung des Wassers in den Ozeanen beeinflussen die Massenverteilung und damit auch die regionale Erdanziehungskraft. Messungen mit Satelliten wie GRACE zeigen, dass auch die wechselnde Eisverteilung der Jahreszeiten das Schwerefeld verändert.

Dass dieser Effekt sogar ausreicht, um einen ganzen Kontinent zu kippeln zu bringen, hat nun Shin-Chan Han von der University of Newcastle in Australien herausgefunden. Für seine Studie hatte er Daten von 14 über Australien verteilten GPS-Stationen ausgewertet. Zusätzlich zog er Schwerefeld-Daten des GRACE-Satelliten hinzu.

Ein saisonales Hin und Her

Das überraschende Ergebnis: Australien bewegt sich im Takt der Jahreszeiten. „Die GPS-Daten enthüllen eine eigentümliche saisonale Deformation des Kontinents“, berichtet Han. „Während des Südsommers verschiebt sich der gesamte Kontinent um rund einen Millimeter nach Nordwesten und der südöstliche Teil hebt sich.“ Gleichzeitig sinke Australien im Nordwesten um zwei bis drei Millimeter ab.

Wechselt die Jahreszeit und es wird Winter auf der Südhalbkugel, kehrt sich dieses Kippeln um: Jetzt wandert Australien wieder zurück nach Südosten und senkt sich dort in die Tiefe. Die Oberfläche des Kontinents bekommt dadurch ein Gefälle von bis zu fünf Millimetern auf 3.500 Kilometer, wie Han ausgerechnet hat. „Der gesamte Kontinent eiert saisonal im Uhrzeigersinn“, berichtet der Forscher.

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Monatliche Verschiebungen an den 14 GPS-Messstationen in Australien © Shin-Chan Han

Schwingendes Massenzentrum

Was aber ist die Ursache für dieses eigentümliche Kippeln? Wie Han erklärt, ist dieses Eiern unabhängig von der tektonischen Plattenbewegung des Kontinents, durch die sich Australien pro Jahr um rund sieben Zentimeter nach Nordosten verschiebt. Stattdessen liegt der Grund viel tiefer: im Erdkern. Wie Messdaten des Schwerefeld-Satelliten GRACE zeigen, schwingt das dort liegende Massenzentrum der Erde im Verlauf der Jahreszeiten ganz leicht hin und her.

Wenn im Südsommer die Schnee- und Eismassen auf der Nordhalbkugel ihren Höhepunkt erreichen, reichen ihr Gewicht und ihr Einfluss auf die Wasserverteilung aus, um das Massenzentrum ein paar Millimeter näher an Europa heranzuschieben. Sechs Monate später ist die Eislast im Norden verringert und die Wasserverdunstung erhöht. Dadurch bewegt sich das Massenzentrum jetzt näher an den südlichen Pazifik heran, wie Han erklärt.

Auch andere Kontinente könnten kippeln

Dieses leichte Schwingen des Massenzentrums wirkt sich theoretisch auf alle Kontinente aus. Aber weil Australien direkt zwischen Europa und dem Südpazifik liegt, machen sich die saisonalen Veränderungen dort möglicherweise am stärksten bemerkbar, vermutet Han. Aber auch auf den anderen Kontinenten könnte dieser Effekt durchaus messbar sein.

„Diese Art, das Massenzentdrum der Erde zu bestimmen, ist neuartig und innovativ und wird auch von anderen aufgegriffen werden“, kommentiert Richard Gross vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass nun auch andere Forscher diese Methode nutzen werden, um nach einem saisonalen Kippeln ihrer Kontenente zu fahnden.

(American Geophysical Union, 11.11.2016 – NPO)

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