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Geowissen

Auerhühner: Genetische Vielfalt nimmt ab

Lebensraumzerstörung im Schwarzwald reduziert genetischen Austausch

Nur noch selten im Schwarzwald anzutreffen, der Auerhahn. © MPI für Ornithologie

Zwischen den derzeit im Schwarzwald lebenden Populationen von Auerhühnern gibt es nur noch einen geringen Austausch von Genen. Dies hat ein internationales Wissenschaftlerteam jetzt herausgefunden. Ursache dafür ist vermutlich vor allem die zunehmende Zerstückelung des Lebensraumes der Tiere, schreiben die Forscher in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Molecular Ecology“.

Die genetische Vielfalt einer natürlichen Population ist abhängig von deren Größe: Um eine gewisse Vielfalt an Genen für eine überlebensfähige Population bereit zu halten, ist eine Mindestanzahl von Tieren nötig. Was passiert jedoch dann, wenn die Bestandszahlen bestimmter Arten drastisch zurückgehen? Um das herauszufinden, haben Gernot Segelbacher vom Max-Planck-Institut für Ornithologie und seine Kollegen von der Universität Tübingen und der Université Joseph Fourier im französischen Grenoble die genetische Vielfalt von historischen und noch lebenden Auerhühnern miteinander verglichen.

Die Anzahl der Auerhühner im Schwarzwald hat durch die Zerstörung von geeignetem Lebensraum in den letzten Jahrzehnten rapide abgenommen. Auerhühner haben spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum und kommen daher nur noch in einzelnen, isolierten Waldfragmenten vor. Gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch circa 4.000 Männchen, so ist deren Zahl in den 1980er-Jahren auf 500 und bis 2003 sogar auf nur noch rund 250 Männchen gesunken.

Nur ein Tier pro Quadratkilometer

Die durchschnittliche Populationsgröße im Schwarzwald wird zurzeit auf ein Tier pro Quadratkilometer geschätzt. So ein dramatischer Populationsrückgang sollte auf lange Sicht Auswirkungen auf die genetische Struktur der Tiere haben.

In einer fragmentierten Landschaft ist nicht nur die Populationsgröße, sondern auch der genetische Austausch zwischen Tieren aus unterschiedlichen Gegenden wichtig für den Erhalt einer Population. „Die Auerhühner des Schwarzwalds sind mindestens 50 Kilometer getrennt von den Populationen in den Vogesen und den Alpen“, sagt Segelbacher. Da die Tiere sich nicht weiter als zwei bis maximal zehn Kilometer von ihrem Geburtsort entfernen, findet mit Sicherheit keine Durchmischung mit diesen Populationen statt.

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Und auch innerhalb der Schwarzwaldpopulation dürfte der Austausch von Genen zunehmend eingeschränkt sein, da der Lebensraum der Auerhühner durch Agrar- und Infrastrukturflächen immer mehr zerstückelt wird. Für die Vögel sind das schwer zu überwindende Barrieren.

Zerstückelung des Lebensraumes ist schuld

Um herauszufinden, ob der Austausch von Genen durch Habitatsfragmentierung begrenzt wird, haben die Forscher die genetischen Unterschiede zwischen räumlich getrennten Populationen untersucht. Findet ein Austausch statt, so sollten die genetischen Unterschiede gering sein. Doch tatsächlich wiesen die untersuchten Populationen signifikante genetische Unterschiede auf. Diese könnten natürlich auch durch einen historisch eingeschränkten Genfluss bedingt sein. Um das auszuschließen, nahmen die Forscher zusätzlich Proben von Schwarzwälder Auerhuhn-Trophäen aus dem Zeitraum von 1852 bis 1972.

Das Ergebnis: Die genetischen Distanzen zwischen den historischen Proben waren gering. „Das ist ein Hinweis dafür, dass die Auerhühner früher einen regen genetischen Austausch hatten“, so Segelbacher. „Die momentane genetische Struktur der Vogelpopulationen wurde also durch die Zerstückelung ihres Lebensraumes in jüngerer Zeit hervorgerufen.“ Die genetischen Unterschiede sind demnach größer.

Geringere genetische Vielfalt als früher

Doch die genetische Vielfalt innerhalb der Populationen hat gleichzeitig abgenommen. Auch das konnten die Forscher mit ihren Untersuchungen an den Jagdtrophäen belegen, deren Vielfalt tatsächlich größer war.

„Allerdings ist die Abnahme in der genetischen Vielfalt bei den heute lebenden Individuen nicht so groß, wie wir aufgrund des drastischen Einbruchs der Populationsgröße erwartet hätten“, so der Ornithologe. Trotzdem: Mit einem weiteren Verlust an genetischer Vielfalt muss angesichts der ökologischen Rahmenbedingungen wohl gerechnet werden.

(idw – MPG, 23.04.2008 – DLO)

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