Der Klimawandel trifft nicht alle Arten gleich: Während sich die positiven Effekte auf Generalisten beschränken, könnte die Kombination aus Klimawandel und fremden Arten zu einer Gefahr für spezialisierte einheimische Arten werden, berichtet jetzt ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Biological Reviews“.
Die Bestäubung von Pflanzen durch Insekten ist eine Schlüsselfunktion im Ökosystem und damit Basis für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Etwa 60 bis 80 Prozent der Wildpflanzen und 35 Prozent der weltweiten Agrarproduktion hängen davon ab. Insekten erbringen so durch die Bestäubung von Agrarpflanzen einen geschätzten ökonomischen Nutzen von etwa 150 Milliarden Euro pro Jahr. Doch wie wird sich dies im Zuge des Klimawandels verändern? Das haben jetzt Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) untersucht.
Bestäuber entscheidend
Für ihre Überblicksstudie werteten sie mehr als 200 wissenschaftliche Publikation aus, in denen die Veränderungen von Ökosystemen, insbesondere aber der Populationen von bestäubenden Insekten untersucht worden waren. Die Haupterkenntnis dabei: Die einzelnen Tier- und Pflanzenarten unterscheiden sich in ihren Ansprüchen an die Umwelt, selbst wenn sie gemeinsam vorkommen. Deshalb werden sie auch individuell auf den Klimawandel reagieren. Es kommt daher nicht zu einer synchronen Reaktion ganzer Lebensgemeinschaften, sondern zur Entstehung neuer Kombinationen von Arten.
So wird der Klimawandel das Zusammenspiel zwischen einheimischen Pflanzen und Tieren wahrscheinlich stören, indem es zu zeitlichen und räumlichen Verschiebungen zwischen Blütenpflanzen und deren Bestäubern kommt. Fremde Arten können zwar teilweise die verloren gegangenen Beziehungen ersetzen, Arten können sich anpassen oder andere Arten die Funktion übernehmen. Dennoch sind solche Puffer begrenzt und können die Verluste nur zum Teil ausgleichen.
Unterschiedliche Reaktion auf fremde Arten
Solche neue Lebensgemeinschaften werden sich dadurch auszeichnen, dass bereits etablierte Beziehungen zwischen Blütenpflanzen und deren Bestäubern auf vielfältige Weise verloren gehen aber auch vollkommen neue entstehen können. Hier können gebietsfremde Arten eine bedeutende Rolle spielen, da sie verlorengegangene Bestäuberfunktionen ersetzen können oder Resourcen in kritischen Zeiten für die Bestäuber bereitstellen können.
„Wie sich solche neue Lebensgemeinschaften aber generell auf die Bestäubung von Blütenpflanzen auswirken werden ist noch schwer zu sagen“, erklärt Oliver Schweiger vom UFZ. „Fest steht jedenfalls, dass generalistische Arten, wie zum Beispiel Pflanzen die von vielen relativ unspezifischen Insekten bestäubt werden oder Bestäuber die eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen nutzen können, weniger vom Klimawandel bedroht sind als spezialisierte Arten, die nur mit wenigen, besonders angepassten Arten interagieren können. Die oft negativen direkten Einflüsse des Klimawandels auf einzelne Arten können somit in vielen Fällen von weiteren indirekten Effekten über deren Interaktionspartner verstärkt werden.“
(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), 13.12.2010 – NPO)