Schwertwale sind die am stärksten mit gefährlichen Chemikalien belasteten Säugetiere der Arktis. Die Konzentrationen an PCB, Pestiziden und bromierten Flammschutzmitteln im Körper der Orcas übertreffen die Werte von Eisbären, die bislang als Rekordhalter galten deutlich. Dies geht aus Untersuchungen norwegischer Wissenschaftler hervor, die der WWF gestern veröffentlichte.
„Die alarmierenden Ergebnisse zeigen, wie schlecht es um den Lebensraum Meer steht. Die Schwertwale stehen am Ende der Nahrungskette. In ihnen spiegelt sich die bedenkliche Verbreitung von Industriechemikalien wider“, so WWF-Expertin Karoline Schacht.
Die Schwertwal-Tests belegen erneut, dass selbst die Arktis nicht von Umweltgiften verschont werde, so der WWF. Sogar Chemikalien aus hiesigen Alltagsprodukten würden die Tierwelt belasten. In entlegenen Lebensräumen wie der Arktis werden immer wieder Schadstoffe nachgewiesen, die dort nie produziert oder benutzt wurden.
REACH als Grundlage für verantwortungsvolle Chemiepolitik?
„Der EU-Ministerrat muss bei seiner Abstimmung über die Chemikalienrichtlinie REACH dafür sorgen, dass in Zukunft Chemikalien mit gefährlichen Eigenschaften durch unbedenkliche Stoffe ersetzt werden“, fordert WWF-Expertin Schacht. Die europäischen Minister verhandeln am Dienstag über die Richtlinie. Deutschland hatte in den letzten Wochen weitere Abschwächungen der geplanten Verordnung durchgesetzt.
„Europa hat die große Chance, zum weltweiten Vorreiter einer verantwortungsvollen Chemiepolitik zu werden und die schleichende Vergiftung von Mensch und Natur zu stoppen. Diese Chance droht nun nicht zuletzt durch die Haltung der Bundesregierung und den Druck einer mächtigen Industrielobby verspielt zu werden“, warnt der WWF.
Walspeck der Meeressäuger untersucht
Die Belastung der Schwertwale mit bromierten Flammschutzmitteln ist laut WWF besonders bedenklich, weil diese – anders als viele der nachgewiesenen Pestizide oder PCB – bislang nicht ausreichend kontrolliert werden. Bromierte Flammschutzmittel können das Nervensystem von Säugetieren stören und sowohl das Verhalten als auch die Fortpflanzung beeinträchtigen.
Der WWF hat deshalb im November weitere Tests durchgeführt, deren Ergebnisse 2006 vorliegen werden. Unter anderem werden die Wale auf das Flammschutzmittel deca-BDE untersucht. Der Schadstoff kommt beispielsweise in Elektrogeräten, Polsterbezügen oder Teppichen vor. Für alle Tests analysierten Forscher den Walspeck der Meeressäuger. Die Proben wurden im Tysford-Fjord vor der norwegischen Küste genommen, einem wichtigen Nahrungsrevier der Schwertwale.
(WWF, 13.12.2005 – DLO)