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Archäologie

Archäologen entdecken in Bonn einen römischen Tempel

Zufallsfund bei einer Grabung mit Studenten

Während einer Lehrgrabung legen Wissenschaftler und Studenten der Universität Bonn auf dem Universitätscampus in Poppelsdorf einen römischen Umgangstempel frei, der wahrscheinlich im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus genutzt wurde. © Frank Rumscheid/Uni Bonn

Archäologen haben in Bonn eine überraschende Entdeckung gemacht: Bei einer Lehrgrabung stießen sie auf die Reste eines römischen Tempels aus der Zeit um 100 nach Christus. „Der charakteristische Grundriss der angeordneten Steine gab uns den Hinweis darauf, dass es sich dabei um das Fundament eines sogenannten gallo-römischen Umgangstempels handelt“, sagt der Grabungsleiter Frank Rumscheid, Professor für Klassische Archäologie der Universität Bonn. Ein solcher Tempel besteht meist aus einem Raum mit einem umlaufenden offenen Säulengang. Dieser Tempeltyp sei in den gallischen, germanischen und britischen Provinzen des Römischen Reichs weit verbreitet gewesen, erklärt der Forscher. Bei dem Fund handele es sich aber um eine regionale Rarität. Denn aus dem Gebiet um Bonn-Poppelsdorf seien zuvor keine solchen römischen Aktivitäten bekannt gewesen.

Bekannt war zuvor schon, dass die Römer weiter nördlich ein Legionslager errichtet hatten. Dieses findet noch heute im Stadtteilnamen Bonn-Castell seinen Niederschlag. „Auffällig ist, dass der nun auf dem Campus Poppelsdorf gefundene Tempel verglichen mit dem Militärlager und der römischen Siedlung ein ganzes Stück weiter entfernt vom Rheinufer lag“, stellt Rumscheid fest. Der Tempel könnte deshalb entweder zu einem etwas außerhalb gelegenen Landgut oder zu einem Heiligtum mit möglicherweise weiteren Bauten gehört haben. Welcher Gottheit der Tempel geweiht war, lasse sich allerdings nicht erkennen.

Entdeckt wurde der Tempel von einem Team aus Studierenden und Wissenschaftlern der Universität Bonn. Die Wissenschaftler hatten von einer vorhergehenden Grabung durch eine Auftragsfirma den Hinweis, dass dort irgendein Fundament im Untergrund vorhanden ist. Erst die Lehrgrabung durch die Uni-Archäologen brachte dann Klarheit. „Wir haben selbst erst nach etwa zwei Wochen erkannt, dass es sich um einen gallo-römischen Umgangstempel handelt“, berichtet Rumscheid.

Tempelwände aus Holz oder Lehm

Grundriss des römischen Umgangstempels: In der Grabungsfläche auf dem neuen Campus Poppelsdorf der Universität Bonn zeichnen sich zwei nahezu quadratische Fundamente aus losen, weißen und grauen Steinen ab; das innere Fundament trug einen Raum mit einer Tür, das äußere Stützen für einen überdachten Umgang. © Ulrich Mania/Uni Bonn

Die Forscher stießen im ockerbraunen Lehm des Ortsteils Poppelsdorf auf zwei nahezu quadratische Fundamente aus losen, weißen und grauen Steinen. Die Relikte zeigen, dass der Tempel etwa 6,75 Meter breit und rund 7,5 Meter lang war. „Da außer dem Fundament aus kleineren, in den Lehm gesteckten Steinen bei der Grabung kein weiteres Material der Wände gefunden wurde, war der Tempel wahrscheinlich aus vergänglichen Baustoffen wie zum Beispiel Holz und Lehm errichtet“, sagt Ulrich Mania, ebenfalls Archäologe der Universität Bonn.

Wie die Forscher berichten, trug das innere Fundament des Tempels einst einen Raum mit einer Tür. Drumherum befand sich vermutlich ein niedrigerer, überdachter, mit Dachziegeln gepflasterter Umgang, dessen Stützen auf dem äußeren rechteckigen Fundament ruhten. Neben dem Fundamentsteinen stießen die Archäologen auf weitere Funde aus der Römerzeit, darunter Dachziegel, Eisennägel und vor allem Tonscherben. Auch einige Keramikscherben aus vorrömischer Zeit seien darunter gewesen, berichten die Forscher. Die ältesten stammen spätestens aus dem achten Jahrhundert vor Christus.

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Nach der Sicherstellung und Dokumentation der Baureste und Funde wurde die Grabungsfläche wieder zugeschüttet. „Für einen wissenschaftlich fundierten Nachbau des Tempels reichten die erhaltenen Reste nicht aus“, begründet Rumscheid diese Entscheidung. Außerdem musste man vorsorgen, dass niemand in die Grabungsfläche stürzen und sich verletzen kann. Die Forscher wollen aber auf dem Gelände weitere wissenschaftliche Projekte in Angriff nehmen und damit vor allem die römische Vergangenheit Bonns weiter rekonstruieren. „Unser Bild ist immer noch lückenhaft“, sagt der Archäologe.

(Universität Bonn, 04.05.2012 – NPO)

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