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Geowissen

Antarktis-Tümpel produziert Lachgas ohne Leben

Entdeckung enthüllt einen nicht-biologischen Entstehungsmechanismus für das Treibhausgas

Don Juan Tümpel in der Antarktis. er misst 1.000 mal 400 Meter udn ist das salzigste Gewässer der Erde. © University of Georgia

Im Wasser eines Tümpels in der Antarktis läuft ein chemischer Prozess ab, der Lachgas auf bisher völlig unbekannte Weise produziert. Das starke Treibhausgas entsteht nicht wie sonst als Ergebnis mikrobieller Aktivität, sondern in Abwesenheit jeden Lebens. Diese jetzt in „Nature Geoscience“ veröffentlichte Entdeckung hat Bedeutung sowohl für die Klimaforschung als auch für die Suche nach Leben auf fremden Planeten.

Der Don Juan Tümpel in einem der Trockentäler der Antarktis, ist nicht gerade einladend: Zwischen schroffen Berggipfeln und einer gerölligen Moräne gelegen, ist sein Wasser erstaunliche 18 Mal salziger als die Ozeane der Erde und acht Mal salziger als das Tote Meer. Trotz Frosttemperaturen von weniger als minus 40 Grad friert der rund 1.00 mal 400 Meter große, sehr flache Tümpel nie ein. Bei seiner ersten Entdeckung im Jahr 1961 entdeckten Polarforscher Bakterien und Mikroalgen im Wasser des Tümpels. Wissenschaftler der Universität von Georgia haben jetzt den Don Juan Tümpel erneut untersucht – mit überraschendem Ergebnis.

Antarktistümpel als Mars-Analogie

Eigentlich wollten die Forscher biochemische und mikrobiologische Nachweisverfahren testen, mit denen unter extremen Bedingungen, wie sie beispielsweise auf dem Mars herrschen, Leben oder organische Moleküle nachgewiesen werden können. „Die Böden und Lauge des Tümpels und die umgebenden Gesteinstypen ähneln denen, die auf dem Mars gefunden wurden“, erklärt Samantha Joye, Forscherin am amerikanischen Franklin College of Arts and Sciences und Hauptautorin der Studie. „Damit liefert es einen idealen Ort, um mikrobielle Aktivität in extremen Bedingungen zu erkunden.“

Forscher in sterilen Anzügen bei der Probennahme © University of Georgia

Kein Leben, aber Lachgas

Um Kontaminationen auszuschließen, arbeiteten die Forscher daher in sterilen Schutzanzügen und mit sterilen Instrumenten. Leben oder organische Stoffwechselprodukte fanden die Wissenschaftler in ihren Proben allerdings nicht mehr. Offenbar hatten der sinkende Wasserspiegel und steigende Salzgehalt auch die letzten Organismen absterben lassen. Das allerdings war nicht ganz unerwartet. Erstaunlich war etwas ganz anderes: Obwohl eindeutig keine Lebensformen präsent waren, registrierten die Messungen eindeutig die Produktion von Distickstoffmonoxid, auch als Lachgas bekannt.

„Was wir fanden war eine Reihe von Reaktionen zwischen der Salzlauge und dem Gestein, die eine Vielfalt von Produkten erzeugten, darunter auch Lachgas und Wasserstoff“, erklärt Joye. „Während wir keine ‚Biogase‘ wie Wasserstoffsulfid und Methan nachweisen konnten, maßen wir überraschenderweise hohe Konzentrationen von Distickstoffmonoxid, das normalerweise ein Indikator für mikrobielle Aktivität ist.“

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Nicht-biologischer Mechanismus als Lachgasquelle

Da es jedoch keine Mikroben im Tümpel gibt, muss es nach Ansicht der Forscher einen alternativen, nicht-biologischen Mechanismus geben. In Frage käme beispielsweise die Reaktion von Nitraten aus der Salzlauge mit dem basaltischen Gestein des Untergrunds. Relevant wäre ein solcher Mechanismus auch für die Klimaforschung, da Lachgas ein starkes Treibhausgas ist. Besteht die Möglichkeit, dass diese Art der Lachgasproduktion auch in anderen Stellen der Antarktis oder sogar in Böden der gemäßigten Breiten auftritt, könnte dies bedeuten, dass Schätzungen der zukünftigen Treibhausgasentwicklung angepasst werden müssen.

In der Weltraumforschung eröffnet die Entdeckung dieser bisher unbekannten Lachgasquelle neue Ansätze für die Erforschung. Denn auch auf dem Mars haben Raumsonden inzwischen kleine Mengen flüssigen Wassers knapp unter der Oberfläche entdeckt. Die Erkenntnisse aus der Antarktis könnten unter anderem dazu beitragen, verbesserte Sensoren und Messinstrumente für solche Laugentümpel zu entwickeln. Daraus könnte ermittelt werden, wie sich diese Tümpel dort bilden und ob sie – einst oder sogar heute – mikrobielles Leben in irgendeiner Form unterhalten könnten.

(University of Georgia, 27.04.2010 – NPO)

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