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Klima

Antarktis könnte ihr gesamtes Eis verlieren

Bei Verbrennung aller fossilen Brennstoffe droht Meeresspiegelanstieg um knapp 60 Meter

Eisberg in der Antarktis © NOAA NMFS SWFSC

Das Ende des Ewigen Eises: Verbrennt die Menschheit alle weltweiten Reserven von Kohle, Öl und Gas, dann würde die Antarktis komplett abtauen. Die Folge wäre ein Meeresspiegelanstieg um knapp 60 Meter, wie Forscher ausgerechnet haben. Ballungsräume mit rund einer Milliarde Menschen würden dann überschwemmt. Wenn das nicht passieren soll, dann darf die Menschheit nicht weiterhin ungebremst fossile Brennstoffe nutzen, warnen die Forscher im Fachmagazin „Science Advances“.

Bisher trägt die Antarktis nur knapp zehn Prozent zum globalen Meeresspiegelanstieg bei. Denn ein Großteil des dicken südpolaren Eisschilds ist noch stabil. In der Westantarktis allerdings könnte die Gletscherschmelze bereits unumkehrbar sein, wie kürzlich Forscher berichteten. Was aber würde passieren, wenn die Menschheit alle verfügbaren fossilen Brennstoffe nutzen und weiterhin nahezu ungebremst Treibhausgase in die Atmosphäre freisetzen würde?

Zwei Meter schon bei Zwei-Grad-Szenario

Dieses Extremszenario haben Ricarda Winkelmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und ihre Kollegen nun untersucht. Für ihre Studie mussten sie das komplexe Wirkungsgefüge aus Erwärmung von Luft und Meer, aber auch Schneefällen und anderen Einflussfaktoren berücksichtigen, die auf den antarktischen Eispanzer einwirken. „Es ist viel leichter vorherzusagen, das ein Eiswürfel in einem warmen Raum schmelzen wird als genau zu prognostizieren, wie schnell dies geschehen wird“, erklärt Winkelmann.

Diese Grafik zeigt, wie das Antarktiseis durch verschiedene Szenarien beeinflusst würde. © Ken Caldeira und Ricarda Winkelmann

Das Ergebnis ist ziemlich ernüchternd: Nur wenn wir es schaffen, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ließe sich der Meeresspiegelanstieg durch die Antarktis auf rund zwei Meter in den nächsten tausend Jahren beschränken. Doch wenn schon wenn die Kohlendioxid-Emissionen in den nächsten 60 bis 80 Jahren so weitergehen wie bisher, wird das gesamte westantarktische Eisschild instabil.

„Ende des ewigen Eises“

Verbrennt die Menschheit in den nächsten Jahrhunderten die gesamten Vorräte an fossilen Brennstoffen, dann werden dadurch rund zehn Milliarden Tonnen Kohlenstoff als CO2 freigesetzt, wie die Forscher ausrechneten. Das hätte dramatische Folgen für Klima und Antarktis: „Wenn wir alle verfügbaren fossilen Energiequellen verbrennen, wäre das ein Ende des Ewigen Eises“, sagt Winkelmann.

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Die Simulationen der Wissenschaftler zeigen, dass die Antarktis als Reaktion darauf über die nächsten zehntausend Jahre ihr gesamtes Eis verlieren würde. Anfangs wären die Folgen noch überschaubar: In diesem Jahrhundert würden wir noch wenig merken, doch in den ersten tausend Jahren steigt der Meeresspiegel dann bereits um drei Zentimeter pro Jahr – drei Meter pro Jahrhundert. Insgesamt jedoch würde der Meeresspiegel um knapp 60 Meter ansteigen und einen Großteil der dicht besiedelten Küstengebiete der Erde überschwemmen.

Die Pinguine könnten in ferner Zukunft in einer eislosen Landschaft leben © NOAA NMFS SWFSC

Metropolen in Gefahr

„Das würde zwar nicht über Nacht geschehen, aber der springende Punkt ist, dass unser heutiges Handeln das Gesicht der Erde, so wie wir sie kennen, noch auf Zehntausende von Jahren verändern kann“, betont Winkelmann. „Wenn wir Städte wie Tokio, Hong Kong, Schanghai, Kalkutta, Hamburg oder New York als unser zukünftiges Erbe bewahren wollen, müssen wir ein Kippen der Ost-Antarktis verhindern, und das gelingt nur, wenn wir den Treibhausgasausstoß stoppen.“

Zwar gibt es weiterhin große Herausforderungen in der Modellierung, wie etwa fehlendes Wissen über die Beschaffenheit des Eisuntergrundes. Dennoch sind die Forscher er Ansicht, dass ihre Simulationen ein recht gutes Bild der langfristigen Entwicklung gibt. „In einer Welt jenseits der zwei Grad Schwelle würde der Meeresspiegelanstieg langfristig wahrscheinlich durch den Eisverlust der Antarktis dominiert werden“, so Winkelmann. „Und das Risiko für eine Destabilisierung des Eischilds steigt mit jedem Zehntelgrad mehr.“ (Science Advances, 2015; doi: 10.1126/sciadv.1500589)

(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 14.09.2015 – NPO)

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