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Geowissen

Angeblich ältestes Insekt der Welt ist doch kein Insekt

Nachuntersuchung ordnet 360 Millionen Jahre altes Fossil den Kleinkrebsen zu

Kein Insekt: die Überreste eines 360 Millionen Jahre alten Fossils namens Strudiella. © Universität Göttingen

Das angeblich älteste Insekt der Welt ist gar kein Insekt. Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass es sich bei dem 360 Millionen Jahre alten Urtier, das letztes Jahr in Belgien gefunden worden war, wahrscheinlich um einen Krebs handelt. Nach Ansicht der Wissenschaftler waren bei der Erstanalyse des Fossils wesentliche Bestandteile falsch gedeutet worden, wie sie jetzt im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Als Paläontologen bei Ausgrabungen im Sommer 2012 im Namur-Dinant-Becken im Südosten Belgiens auf das Fossil stießen, sorgte dies für eine Sensation. Denn das acht Millimeter lange Relikt schien sechs Beine, gegliederte Mundwerkzeuge und einen Hinterleib aus zehn Segmenten zu besitzen – alles typische Insektenmerkmale. Es galt daher als das älteste bisher bekannte Insekt der Welt und ein wichtiges Missing-Link. Denn obwohl das Fossil keine Flügel besaß, ähnelte sein Körperbau dem der geflügelten Insekten. Die Forscher vermuteten daher, dass es sich um ein Jugendstadium dieser Insektengruppe handelte, von denen bis dahin erste Zeugnisse erst aus der Zeit vor rund 325 Millionen Jahre bekannt waren.

Bei der genaueren Nachanalyse kamen jetzt jedoch Zweifel auf, ob es sich bei dem versteinerten Tier tatsächlich um eine Insektenart handelt. Denn einige wichtige Kriterien schienen nicht erfüllt zu sein. Für ihre Analysen machten die Forscher um Rainer Willmann von der Universität Göttingen hunderte Aufnahmen von dem Fossil. Sie verwendeten dazu eine hoch auflösende Kamera und setzten die Bilder dann am Computer rechnerisch zusammen. Später ergänzten sie die so erhaltenen Detailaufnahmen durch exakte Zeichnungen auf der Grundlage von Stereomikroskop-Untersuchungen.

Eher ein Krebs

Bei der Analyse ihrer Daten stellten sie fest: Das Fossil weist mehr als die sechs, für Insekten typischen Beine auf. Zudem bemerkten die Forscher, dass in der vorausgehenden Analyse offenbar organische Reste irrtümlich als Mundwerkzeuge und Augen interpretiert worden waren. Zudem seien keine Flügelreste erhalten – was von den Erstbeschreibern des fossilen Urtieres damit erklärt wurde, dass es sich bei dem Fund um eine noch ungeflügelte Larve eines im Erwachsenenstadium geflügelten Tieres handele. Die Göttinger sind da ganz anderer Ansicht. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei dem Fund viel wahrscheinlicher um einen Kleinkrebs, der während des Zerfallsprozesses fossilisiert wurde.

„Die Erkenntnis, dass es sich bei dem Fossil nicht um ein Insekt handeln könnte, ist von besonderem Interesse“, so Willmann. „Die frühe Evolution dieser Tiergruppe ist so gut wie unbekannt. Außerdem sind Insekten von herausragender Bedeutung, weil sie von allen Tiergruppen die meisten Arten umfassen und seit ihrem ersten Auftreten im Zeitalter des Devon eine wichtige ökologische Rolle einnehmen.“ (Nature, 2013; doi: 10.1038/

(Universität Göttingen, 22.02.2013 – KBE)

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