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Geowissen

Ältester Einschlagskrater ist gar keiner

Drei Milliarden Jahre alte Maniitsoq-Struktur in Grönland entstand nicht durch einen Einschlag

Maniitsoq
Hinter diesen Küstenbergen im Südwesten Grönlands verbirgt sich die Maniitsoq-Struktur. Sie galt bisher als möglicher EInschlagskrater, jetzt widerlegen dies neuen Analysen. © University of Waterloo

Kein Zeugnis eines Urzeit-Einschlags: Die 150 Kilometer große Maniitsoq-Struktur in Westgrönland ist rund drei Milliarden Jahre alt und galt als weltweit ältester erhaltener Einschlagskrater. Doch neue Analysen von Zirkonkristallen widerlegen dies nun. Das Fehlen von Schockspuren und anderen einschlagstypischen Strukturen legt stattdessen einen vulkanischen Ursprung nahe, wie Forscher berichten.

In ihrer Anfangszeit war die Erde besonders heftigen Einschlägen ausgesetzt, denn während des „Großen Bombardements“ gingen vermehrt Reste der Planetenbildung auf die Planeten nieder. Doch die Erosion hat die Spuren dieser Einschläge verwischt. Von den ältesten Ereignissen dieser Art sind heute nur noch mikroskopische Spuren in gut drei Milliarden Jahre alten Gesteinen erhalten. Als älteste Krater galten der gut 2,2 Milliarden Jahre alte Yarrabubba-Krater in Australien und der gut zwei Milliarden Jahre alte Vredefort-Dom in Südafrika.

Maniitsoq 2
Lage der Maniitsoq-Struktur. © NASA/GSFC, Scientific Visualization Studio

Im Jahr 2012 entdeckte ein Forscherteam im Westen Grönlands eine 150 Kilometer große Senke, die sie aufgrund mineralischer Anomalien als drei Milliarden Jahre alten Einschlagskrater interpretierten. Damit wäre diese Maniitsoq-Struktur der älteste bekannte Krater der Erde. Allerdings weckten ergänzende Untersuchungen seither erhebliche Zweifel an dieser Interpretation.

Zirkonkristalle als Zeitzeugen

Jetzt bestätigt eine neue Analyse der Maniitsoq-Struktur diese Zweifel. Für ihre Studie hatten Chris Yakymchuk von der kanadischen University of Waterloo und sein Team erneut Gesteinsproben vor Ort genommen und mehr als 5.500 Zirkonkristalle aus verschiedenen Teilen des Kraters und seiner Umgebung mikroskopischen und isotopischen Untersuchungen unterzogen.

„Zirkonkristalle sind wie kleine Zeitkapseln“, erklärt Yakymchuk. „Sie konservieren alte Schäden, wie sie durch die Schockwellen eines Meteoriteneinschlags verursacht werden.“ Zudem lässt sich an der Struktur der winzigen Körnchen auch ablesen, ob und wann sie Schmelzvorgängen ausgesetzt waren. Typisch für einen Einschlag wäre eine kurze, aber starke Erhitzung, die das Gestein schmilzt und teilweise sogar verdampfen lässt.

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Keine Schockspuren

Das Ergebnis: „Einige Zirkonkörnchen zeigen spröde Deformation in Form unregelmäßiger Brüche, wie sie für Zirkone aus ausgegrabenen plutonischen Gesteinen typisch sind“, berichten die Forscher. „Aber keines der analysierten Zirkonkörner enthält parallele, planare Brüche, wie sie für eine impaktbedingte Deformation typisch sind.“

Nach Ansicht von Yakymchuk und seinem Team spricht dies gegen eine Entstehung dieser Senke durch einen Einschlag. Stattdessen waren in fast allen Körnchen Spuren schubweisen Kristallwachstums erhalten, wie es für vulkanische Prozesse charakteristisch ist. „Die Erhaltung der vulkanischen Wachstumszonierung in den meisten untersuchten Zirkonkörnern passt ebenfalls nicht zu einer Rekristallisierung, wie sie nach einem Einschlag erfolgen müsste“, konstatieren sie.

Wenn es an der Küste Westgrönlands vor drei Milliarden Jahren einen so schweren Einschlag gegeben hätte, dann wäre der Krater schnell mit Wasser des nahen Meeres geflutet worden. Als Folge müssten die Kristalle Spuren einer Rekristallisation unter hydrothermalen Bedingungen zeigen. Doch weder die Kristallstruktur noch das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope in den Mineralkörnchen passe zu einem solchen Szenario, wie die Forscher erklären.

Struktur ist kein Impaktkrater

„All dies widerlegt die Hypothese, dass die Maniitsoq-Struktur im südlichen West-Grönland als Folge eines Meteoriteneinschlags vor drei Milliarden Jahren gebildet wurde“, konstatieren Yakymchuk und seine Kollegen. Der älteste bestätigte Einschlagskrater der Erde sei damit weiterhin die 2,23 Milliarden Jahre alte Yarrabubba-Struktur in Westaustralien.

„Auch wenn wir enttäuscht waren, dass wir nicht einer Struktur arbeiteten, die vor drei Milliarden Jahren durch einen Einschlag entstand – in der Wissenschaft geht es darum, das Wissen durch Entdeckungen voran zu bringen, und unser Verständnis der frühen Erdgeschichte bringen auch solche Ergebnisse voran“, sagt Yakymchuk. (Earth and Planetary Science Letters, 2021; doi: 10.1016/j.epsl.2020.116730)

Quelle: University of Waterloo

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