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Archäologie

Älteste Menschenspuren Amerikas entdeckt

23.000 Jahre alte Abdrücke in New Mexico belegen menschliche Präsenz schon in der Eiszeit

Fußabdrücke
Diese Fußspuren wurden auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit von Menschen im damals noch weichen Gips der White-Sands-Region in New Mexico hinterlassen. © Bennett et al./ Science

Eindeutiger Beleg: Im Süden der USA haben Forscher die ältesten eindeutigen Menschenspuren auf dem amerikanischen Kontinent entdeckt. Die Fußabdrücke sind 21.000 bis 23.000 Jahre alt und entstanden damit in der kältesten Phase der letzten Eiszeit. Anders als umstrittene Ritzspuren oder Steinwerkzeuge belegen diese Spuren eindeutig, dass Menschen den Kontinent schon vor dem Rückgang der Gletscher besiedelten. Wann und auf welchem Weg, ist allerdings weiter offen.

Wann besiedelten die ersten Menschen den amerikanischen Kontinent? Die Antwort auf diese Frage ist eines der großen Rätsel der Archäologie. Denn Funde von Knochen, Werkzeugen und Ritzspuren, aber auch DNA-Analysen liefern ganz unterschiedliche Ergebnisse. Einige legen nahe, dass die ersten Einwanderer erst vor rund 13.000 Jahren von der Beringstraße aus in das Innere des Kontinents vordringen konnten, denn erst dann gaben die Gletscher eine Passage frei.

Andere Funde aber sind deutlich älter und sprechen dafür, dass die Vorfahren der Ureinwohner schon vor dem Rückzug der Gletscher nach Nord- und sogar Südamerika kamen – möglicherweise über eine Route entlang der Pazifikküste. Dazu gehören 30.000 Jahre alte Steinwerkzeuge aus Mexiko sowie 24.000 und 30.000 Jahre alte Klingenspuren an Tierknochen in Alaska und Uruguay. Allerdings ist bei vielen dieser Funde strittig, ob sie wirklich vom Menschen stammen.

Spurensuche
Spurensuche in den Gipsschichten der White-Sands-Region. © Burke et al. /PNAS

Fußspuren im Eiszeit-Gips

Doch jetzt gibt es erstmals eindeutigere Belege: Matthew Bennett von der Bournemouth University und seine Kollegen haben in New Mexico menschliche Fußabdrücke aus der letzten Eiszeit entdeckt. Die Spuren sind in den feinkörnigen Sedimenten des White-Sands-Nationalparks konserviert, einer wegen ihrer Gipsdünen bekannten Region. Während der Eiszeit lag in diesem Gebiet eine riesige, von flachen Seen gefüllte Senke.

Am Rand der Gipsdünen haben Paläontologen schon früher Spuren eiszeitlicher Mammuts, Mastodons, Säbelzahnkatzen oder Kamele entdeckt, die diese im damals noch feuchten Untergrund des Seeufers hinterlassen hatten. Auch rund 12.000 Jahre alte Menschenspuren wurden dort gefunden. Die jetzt in tieferliegenden Gipsschichten identifizierten Fußabdrücke sind jedoch deutlich älter: Die Radiokarbon-Datierung von in den gleichen Schichten eingeschlossenen Pflanzensamen legt ein Alter von 21.000 bis 23.000 Jahren nahe.

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61 eindeutig menschliche Abdrücke

„Was wir hier präsentieren, ist eine klare Zeit und einen Ort, an dem Menschen in Nordamerika präsent waren“, so Bennett und seine Kollegen. „Denn anders als kulturelle Artefakte, veränderte Knochen oder andere Fossilien haben Fußabdrücke einen klaren Kontext und sind fest in die entsprechende Schicht eingeprägt.“ Die jetzt entdeckten Fußspuren liegen in ungestörten, in ihrer ursprünglichen Reihenfolge erhaltenen Schichten und sind daher gut datierbar.

Insgesamt haben die Wissenschaftler bisher 61 Fußspuren menschlichen Ursprungs aus dieser Zeit identifiziert: „Alle Spuren haben eine gute anatomische Auflösung, man kann die Fersenabdrücke, die Fußwölbung und die Zehenballen klar erkennen – sie entsprechen denen des modernen Menschen“, berichten die Forschenden. Die Verteilung der Abdrücke über mehrere Gipsschichten legen nahe, dass sich die Menschen mindestens zwei Jahrtausende lang in dieser Gegend aufhielten.

Kinder
Viele Fußabdrücke stammen von Kindern und Jugendlichen. © Burke et al. /PNAS

Spielende Kinder und Megafauna

Interessant auch: „Viele dieser Spuren scheinen von Teenagern und Kindern zu stammen, die größeren Abrücke von Erwachsenen kommen seltener vor“, berichten die Wissenschaftler. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Erwachsenen damals jagten und komplexere Aufgaben übernahmen, während die Kinder beispielsweise zum Sammeln von Nahrung ausgeschickt wurden. Vielleicht haben sie aber auch einfach nur am Seeufer gespielt.

Neben den menschlichen Spuren sind in einigen Schichten auch die Abdrücke von Mammuts und anderen Vertretern der eiszeitlichen Megafauna erhalten. Nach Ansicht der Forschenden könnte diese zeitliche Überlappung von Tier und Mensch an einem Ort darauf hindeuten, dass diese Tiere von den damaligen Menschen vielleicht auch gejagt wurden. Dies stützt ähnliche, etwas jüngere Spuren in White Sands, die die Verfolgung eines Faultiers durch einen Menschen nahelegen.

Einwanderung schon vor dem Eiszeit-Maximum?

In jedem Fall scheinen die neu entdeckten Fußspuren zu bestätigen, dass es schon vor dem Rückzug der großen Gletscher Menschen in Nordamerika gab. Wie und wann diese Menschen von der Beringstraße aus ins heutige New Mexico wanderten, ist allerdings noch ungeklärt. „Wann die ersten Menschen die westliche Hemisphäre erreichten und wann sich eine kontinuierliche Besiedlung etablierte, ist ebenso unsicher wie umstritten“, schreiben Bennett und sein Team.

Nach Ansicht der Forschenden könnte die frühe Präsenz von Menschen in New Mexico aber dafür sprechen, dass diese Einwanderer sogar schon vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit ankamen. Denn der Weg entlang der Pazifikküste oder durchs Inland war während des glazialen Maximums versperrt. (Science, 2021; doi: 10.1126/science.abg7586)

Quelle: Science

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