Anzeige
GeoUnion

5. Todestag von Hans Oeschger

Der Schlüssel zum Klimaverständnis lag im Eis

Hans Oeschger © Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften

Im Eis der alpinen Gletscher und der Polargebiete sah der Klimaphysiker Hans Oeschger als einer der ersten den Schlüssel zum Verständnis der Klimageschichte unseres Planeten. Oeschger analysierte die Gaszusammensetzung der im Eis eingeschlossenen Luft und zog erstmals Rückschlüsse auf das Klima zu der Zeit, als das Eis gebildet worden war. An einem grönländischen Eiskern rekonstruierte er 150.000 Jahre Klimageschichte und stieß damit ein Tor zur modernen Klimaforschung auf. Wegen ihres hohen Alters sind Eiskerne aus den Polargebieten auch heute noch einzigartige Klimaarchive. Der bisher älteste Eiskern Vostok aus der Antarktis gab Aufschluss über 420.000 Jahre Klimageschichte. Gegenwärtig untersuchen Wissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) sogar das bislang älteste Eis, das je in Menschenhand war: einen 900.000 Jahre alten Eisbohrkern aus der Antarktis.

Erwärmungsphasen in der Eiszeit – die Dansgaard-Oeschger-Ereignisse

Hans Oeschger und sein dänischer Kollege Willi Dansgaard hatten für die nördliche Hemisphäre mit dem grönländischen Eiskern festgestellt, dass sich während der letzten Eiszeit das Klima über zwanzigmal drastisch erwärmte. In einem Turnus von etwa 7.000 Jahren stieg die Temperatur innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten um bis zu zehn Grad Celsius an. Diese Dansgaard-Oeschger-Ereignisse dauerten einige Jahrhunderte an. Die Vorstellung einer gleichmäßig kalten Eiszeit musste aufgegeben werden.

Blaue Flecken zeigen die von Menschen aus Ostasien besonders häufig fixierten Punkte, rötlich die von Menschen aus westlichen Gesellschaften. © PLoS/Caroline Blais et al.

Parallel hierzu fanden Sedimentologen in Tiefseesedimenten des Nordatlantiks prägnante Lagen aus Gesteinsmehl und -grus, wie wir es von Gletschern kennen. Eingeschlossen in driftende Eisberge, wurde Gesteinsmaterial von Nordamerika verfrachtet und nach Abschmelzen des Eises im Meer sedimentiert. Diese nach Hartmut Heinrich aus Hamburg benannten Heinrich-Lagen entsprechen in ihrem Alter den Dansgaard-Oeschger-Ereignissen. Die Ursachen für den Turnus der Erwärmung werden noch erforscht. Intensiv untersucht werden beispielsweise Veränderungen der Meeresströmungen im Nordatlantik. Wärmeres Wasser aus dem Süden könnte zum Abschmelzen des polaren Eises geführt haben.

Der geringere Salzgehalt und damit die geringere Dichte des Schmelzwassers an der Oberfläche, verhindert jedoch die Bildung von kaltem Tiefenwasser. In der Folge wäre das Förderband kalter und warmer Meeresströmungen unterbrochen. Der Golfstrom, der in Europa für ein gemäßigtes Klima sorgt, ist Teil dieses Systems. Daher ist ein Verständnis dieser Prozesse bei einem sich verändernden Klima von so großer Bedeutung.

Kuhherde auf der Weide © SXC

Vorahnung einer globalen Klimaveränderung

Wenngleich die Beschreibung der Dansgaard-Oeschger-Ereignisse Hans Oeschger in den Geowissenschaften verewigt hat, so hatte sein wissenschaftliches Wirken noch eine andere Entwicklung von weltpolitischer Dimension ausgelöst, die ihn nicht namentlich erwähnt: die Diskussion um den globalen Klimawandel. Die ursprüngliche Untersuchung der Gaszusammensetzung in Eiskernen führte ihn zu der Erkenntnis, dass der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre mit der Temperatur gekoppelt ist. Für die Zeit während der letzten Eiszeit maß Oeschger einen Kohlendioxid-Gehalt, der etwa halb so hoch war wie heute. Viel bedeutsamer für die allgemeine Diskussion war jedoch seine Feststellung, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre seit der Industrialisierung um dreißig Prozent zugenommen hat. Dies veranlasste Oeschger auch persönlich zu politischem Engagement und zum Beispiel der Mitwirkung am Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC). Dies machte Oeschger zu einem Wegbereiter des Klimaschutz'.

Anzeige

Hans Oeschger verstarb vor fünf Jahren am 25. Dezember.

Weiterführende Links:

Nachruf über Hans Oeschger

Abteilung für Klima- und Umweltphysik des Physikalischen Instituts der Universität Bern

European Project for Ice Coring in Antarctica – EPICA (auf Englisch)

Dynamik Thermohaliner Zirkulationsschwankungen, Sonderforschungsbereich 460, Institut für Meereskunde Kiel

Intergovernmental Panel of Climate Change (auf Englisch)

(GeoUnion, 16.12.2003 – Dr. Nicole Schmidt / GFZ Potsdam)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

keine Dossiers verknüpft

News des Tages

Bücher zum Thema

keine Buchtipps verknüpft

Top-Clicks der Woche