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Geowissen

400 Millionen Jahre alte Rätsel-Fossilien identifiziert

Starke Röntgenstrahlen enthüllen das Innenleben der Mikrorelikte

Fruchtkörper von Charophyten © ESRF

Mithilfe von starken Röntgenstrahlen sind Wissenschaftler endlich der Identität von bisher rätselhaften, 400 Millionen Jahre alten Fossilien auf die Spur gekommen. Die 1934 entdeckten rundlichen Gebilde konnten zuvor noch nicht einmal dem Tier- oder Pflanzenreich zugeordnet werden.

Forschern der Universität von Montpellier in Frankreich, dem chinesischen geologischen Institut und der Europäischen Synchrotronenstrahlen-Forschungsanlage (ESRF) gelang es, die Rätselfossilien nun als die Fruchtkörper von Charophyten, hoch entwickelten, noch heute in Süß- und Brackwasser wachsenden Algen, zu identifizieren. Diese neue Erkenntnis erlaubt nun sowohl Rückschlüsse auf die Evolution der Pflanzen als auch auf die klimatische Entwicklung seit der Zeit vor 400 Millionen Jahren.

Die 1934 entdeckten Fossilien waren bisher mal als Samen, als Korallen oder sogar Eier von Krebstieren interpretiert worden, da sich ihre innere Struktur den Blicken der Forscher entzog. Erst die hochauflösende Mikrotomographie, bei der starke Röntgenstrahlen die runden Gebilde durchleuchteten, enthüllte das Innenleben der Fossilien ohne sie zu zerstören oder zu verändern.

Die Bildung von Fruchtkörper bei den Charophyten ist das Resultat einer komplexen Evolution. Zwar haben alle Fruchtkörper eine mehr oder weniger rundliche Form, doch damit enden die Ähnlichkeiten im Prinzip auch schon. Während die ältesten bisher bekannten Formen vertikale Strukturen auf ihrer Außenseite tragen, sind die heute existierenden mit Spiralmustern „verziert“. Die jetzt neu dieser Gruppe zugeordneten Fossilien aus dem Devon zeigen ebenfalls vertikale Musterungen, besitzen aber zur Überraschung der Forscher ein so genanntes Utriculum, eine zusätzliche Schutzschicht, die die Zygote vor Austrocknung schützen soll. Diese Hülle war bisher nur von wesentlich jüngeren Charophytenformen bekannt.

Die Tatsache, dass auch die 400 Millionen Jahre alten Algen diese Schutzhülle schon entwickelt hatten, deutet nach Ansicht der Wissenschaftler darauf hin, dass sie wahrscheinlich unter sehr harten Lebensbedingungen wuchsen. Möglicherweise war sie eine Anpassung an starke jahreszeitliche Wechsel im Klima wie beispielsweise extrem trockene Sommer, während derer flache Gewässer häufig austrockneten.

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Der Einsatz der Röntgen-Synchroton-Mikrotomographie an fossilen Algen – ein bisher dafür noch kaum genutztes Verfahren – könnte neue Möglichkeiten in der Paläontologie eröffnen. Denn neben den „Rätsel-Kugeln“ der Charophyten-Fruchtkörper gibt noch eine ganze Reihe anderer, sehr kleiner Fossilien, deren Zuordnung bisher unbekannt ist. Da die Mikrotomographie es nun erlaubt, die dreidimensionale innere Struktur dieser Relikte zu untersuchen, ohne die wertvollen Fossilien zu zerstören, könnten nun auch sie bestimmt und erforscht werden.

(European Synchrotron Radiation Facility (ESRF), 22.07.2005 – NPO)

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