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Energie

Schmelzflüssiges Silizium als Energiespeicher?

Neue Wärmespeicher auf Basis von reversiblem Phasenwechsel

Siliziumglut
Auf mehr als 1.400 Grad aufgeheiztes Silizium könnte dabei helfen, überschüssigen Strom aus Wind und Sonne zu speichern. © Per Henning/ NTNU

Heißer Speicher: In Zukunft könnte Silizium dabei helfen, überschüssige Energie aus Wind- und Solaranlagen zu speichern. Denn Siliziumlegierungen eignen sich wegen ihrer hohen Schmelztemperatur gut als reversible Wärmespeicher, wie Tests belegen. Sie geben die einmal gespeicherte Wärme fast verlustfrei wieder ab. Auch geeignete Behältermaterialien für solche Wärmespeicher haben Forscher bereits im Blick.

Windkraft und Solarenergie haben einen großen Nachteil: Sie produzieren ihren Strom unregelmäßig, je nach Wetterlage. Um solche Schwankungen auszugleichen und Überlastungen des Stromnetzes zu vermeiden, benötigt man Energiespeicher. Doch klassische Batterien wie Lithiumionen-Akkus sind teuer und würden in großem Maßstab enorme Mengen an wertvollen Rohstoffen wie Lithium benötigen.

Forscher suchen deshalb schon länger nach alternativen Energiespeichern – die Spanne der Ideen reicht von Pumpwasserspeichern in alten Bergwerken oder in verankerten Hohlkugeln bis zu Druckluftreservoiren im porösem Grund der Nordsee.

Silizium-Phasenwechsel als Energiespeicher

Ein weiterer Ansatz sind Wärmespeicher in Form sogenannter Phasenwechsel-Materialien. Dabei wird der Stromüberschuss genutzt, um das Material zu schmelzen. Wird dann die Energie benötigt, kühlt man das Material ab und nutzt die dabei freiwerdende Kristallisationswärme zur Stromgewinnung. Schon jetzt nutzen beispielsweise spanische Solarkraftwerke spezielle Salze, um auch nach Sonnenuntergang noch Strom zu erzeugen.

Noch effizienter als Salze könnte jedoch Silizium sein – eines der häufigsten Elemente in der Erdkruste. Denn während sich Salze nur bis auf etwa 600 Grad erhitzen lassen, benötigt Silizium rund 1.400 Grad um zu schmelzen. Dadurch besitzt es eine höhere Energie-Speicherkapazität -vorausgesetzt, man kann die heiße Glut gut isoliert in einem Speicherbehälter einschließen. Dann kann ein solcher Wärmespeicher fast verlustfrei arbeiten.

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An solchen Speicherbehältern und an optimalen Silizium-Legierungen arbeiten zurzeit Forscher im EU-Projekt AMADEUS.

Wärmespeichermaterialien
Wärmespeicher-Kapazität der Siliziumlegierung im Vergleich zu anderen Materialien. © Solar Energy Institute/ Universidad Politecnica de Madrid

Effizienter durch Eisen und Bor

„Wir suchen nach Energiespeichersystemen, die effizienter sind“, erklärt Merete Tangstad von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU) in Trondheim. „Dabei experimentieren wir vor allem mit siliziumhaltigen Mischungen.“ Denn Silizium alleine ist zwar ein guter Wärmespeicher, nimmt aber beim Erstarren deutlich an Volumen zu – ähnlich wie Wasser beim Gefrieren. Ein Wärmespeicher könnte dadurch im Extremfall platzen.

Tangstad und ihr Team haben daher dem Silizium kleinere Anteile von Eisen und Bor zugesetzt und diese Legierung getestet. Das Ergebnis: Die Siliziumlegierung speichert Wärme kaum weniger effizient als reines Silizium, verändert sein Volumen aber weniger stark. Gleichzeitig geschieht der Phasenübergang von fest zu flüssig relativ gleichmäßig und ohne stärkere Klumpenbildung – auch das ist für die Effizienz eines Wärmespeichers wichtig, wie die Forscher berichten.

Bornitrid als Behältermaterial?

Parallel dazu hat eine Gruppe polnischer Forscher um Wojciech Polkowski an geeigneten Materialien für die Behälter geforscht. „Um siliziumbasierte Wärmespeicher vom Labortisch zur industriellen Anwendung zu bringen, müssen die für den Behälter gedachten Keramikmaterialien entsprechend getestet werden“, so die Forscher. Diese Materialien müssen nicht nur der enormen Hitze des geschmolzenen Siliziums standhalten, sie müssen auch reaktionsträge genug sein, um langfristig stabil zu bleiben.

Einen vielversprechenden Kandidaten haben Polkowski und sein Team nun gefunden: hexagonales Bornitrid. Diese Verbindung aus Bor und Stickstoff ist besonders hitzebeständig und wird auch als Schmiermittel eingesetzt. Im Experiment erwies sich dieses Keramikmaterial nun auch bei Kontakt mit schmelzflüssigem Silizium als beständig. Die Tests ergaben, dass das Silizium auch bei wiederholten Zyklen von Erhitzen und Abkühlen von der Bornitrid-Oberfläche abperlt. „Zudem gab es keine anhaltenden Reaktionsprodukte an der Grenzfläche zwischen Silizium und Bornitrid“, berichten die Forscher.

Forschung geht weiter

Damit könnte sich dieses Keramikmaterial gut als Innenauskleidung von Wärmespeicher-Behältern eignen. Noch allerdings müssen diese und weitere Materialien für die Wärmespeicherung und auch die Behälter weiteren Tests unterzogen werden. Zurzeit arbeiten neben den europäischen Forschern auch Wissenschaftler in den USA und in Australien an Technologien für siliziumbasierte Wärmespeicher. (AMADEUS-Projekt; JOM; 2019; doi: 10.1007/s11837-019-03364-4)

Quelle: The Norwegian University of Science and Technology (NTNU)

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