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Energie

Halbtransparente Solarzellen fürs Gewächshaus

Antioxidans-Schicht macht lichtdurchlässige organische Solarzellen haltbarer

Solarzellen
Halbtransparente organische Solarzellen könnten Gewächshäuser zu Solarkraftwerken machen – und gleichzeitig das Pflanzenwachstum fördern. © Yang Yang Laboratory/ UCLA

Lichtdurchlässige Stromlieferanten: Organische Solarzellen lassen sich auch halbtransparent machen und könnten so beispielsweise statt Glas in Fenster oder Glasdächer eingebaut werden. Bisher sind diese Dünnschichtmodule aber nicht sonderlich stabil – photochemische Reaktionen lassen sie schnell degradieren. Abhilfe schafft nun eine schützende Trennschicht, die diese Reaktionen verhindert. Bei Anwendung der halbtransparenten Solarzellen als Gewächshausdach wuchsen Nutzpflanzen sogar besser als unter einem normalen Glasdach.

Die meisten gängigen Solarmodule bestehen bisher aus siliziumbasierten Solarzellen. Diese sind stabil und relativ effizient, aber starr, weitgehend lichtundurchlässig und dick. Anders ist dies bei organischen Solarzellen. Für diese flexiblen Module auf Polymerbasis werden Halbleiterverbindungen als dünne Schicht auf einen Trägerfilm aus Kunststoff aufgedruckt. Die resultierenden Zellen sind leicht, biegsam und können sogar auf Textilien aufgebracht werden.

Lichtdurchlässig und dennoch stromerzeugend

Ein weiterer Vorteil: „Wegen der einzigartigen Bandstruktur der organischen Materialien können organische Solarzellen selektiv Licht gewünschter Wellenlängen absorbieren“, erklären Yepin Zhao von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen. Das Material kann beispielsweise so gewählt werden, dass die Dünnschicht-Solarzelle ihre Energie primär aus nicht sichtbaren Lichtanteilen gewinnt, das sichtbare Licht aber größtenteils durchlässt – damit wird die Solarzelle halbtransparent.

„Organische Solarzellen wären wegen dieser selektiven Absorption besonders für die Agri-Photovoltaik geeignet“, sagen die Forscher. Denn man könnte diese Module in das Glasdach von Gewächshäusern integrieren oder über Feldern anbringen, ohne dass es den Pflanzen darunter an Licht mangelt. Das Problem jedoch: Organische Solarzellen degradieren bisher im Sonnenlicht relativ schnell: Die Bestrahlung erzeugt aggressive Radikale in der elektronenliefernden Zinnoxidschicht, die in die photoaktive Halbleiterschicht einwandern und diese nach und nach zerstören. In der Folge lässt die Leistung nach.

L-Glutathion
L-Glutathion ist ein effektiver Radikalfänger – in unserem Körper, aber auch in organischen Solarzellen, wie nun Tests belegen. © gemeinfrei

Radikalfänger löst Degradierungsproblem

Eine Lösung für dieses Haltbarkeitsproblem könnten Zhao und seine Kollegen jetzt gefunden haben. Dafür fügten sie eine dünne Trennschicht aus L-Glutathion zwischen dem Zinnoxid und der Halbleiterschicht ein. L-Glutathion ist ein aus drei Aminosäuren bestehendes Antioxidans, das auch im menschlichen Körper vorkommt. Es hat die Fähigkeit, Elektronen auf reaktive Sauerstoffverbindungen zu übertragen und sie so unschädlich zu machen.

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In der organischen Solarzelle fängt das L-Glutathion die aggressiven Radikale ab und hindert sie am Einwandern. Dies geschieht jedoch, ohne dass der für die Stromerzeugung wichtige Ladungstransport in der Solarzelle gestört wird. Im Experiment erreichten die um diese Trennschicht ergänzten halbtransparenten Solarzellen immerhin einen Wirkungsgrad von 13,5 Prozent und eine mittlere Lichtdurchlässigkeit von 21,5 Prozent, wie die Forschenden berichten.

Das Entscheidende jedoch: Mit dem L-Glutathion behielt die organische Solarzelle auch nach tausend Stunden noch rund 80 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit. Ohne die Trennschicht sank die Leistung im gleichen Einsatzzeitraum auf nur 20 Prozent ab.

Pflanzen wachsen unterm Solarzelldach sogar besser

Auch im praktischen Test bewährte sich die neue Solarzelle. Dafür deckten die Wissenschaftler das Dach eines Gewächshauses komplett mit den halbtransparenten Solarzellen ab. Ein zweites Gewächshaus erhielt zum Vergleich ein Dach aus undurchsichtigen anorganischen Solarzellen im Wechsel mit normalen Glasscheiben. In beiden Gewächshäusern wurden verschiedene Nutzpflanzen acht Tage lang aufgezogen, darunter Mungbohnen, Weizen und Brokkolisprossen.

Das Ergebnis: Die Pflanzen unter dem Dach mit den halbtransparenten Dünnschicht-Solarzellen gediehen deutlich besser. „Wir hätten nicht erwartet, dass die organischen Solarzellen bessere Ergebnisse bringen als ein eher konventionelles Gewächshausdach“, sagt Zhao. „‚Wir haben den Versuch extra mehrere Male wiederholt, aber immer mit dem gleichen Ergebnis.“

Nähere Analysen erklärten, warum die Pflanzen unter dem eigentlich schwächeren Licht besser gediehen: Die L-Glutathion-Schicht blockierte die UV-Strahlung, die bei zu großer Intensität das Pflanzenwachstum hemmt. Außerdem absorbierte die Solarzelle das infrarote Licht und verhinderte so ein zu starkes Aufheizen des Gewächshauses. „Zu viel Sonneneinstrahlung kann mehr schaden als nutzen, besonders in Klimaten wie hier in Kalifornien“, sagt Zhao.

Chancen für die Agri-Photovoltaik

Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet diese neue Variante halbtransparenter organischer Solarzellen damit neue Möglichkeiten für die Agri-Photovoltaik, aber auch anderer Anwendungen halbtransparenter Solarmodule. Ausgehend von ihrem Erfolg hat das Forschungsteam bereits ein Startup gegründet, mit dem sie nun die Technologie für die industrielle Fertigung optimieren und marktreif machen wollen. (Nature Sustainability, 2023; doi: 10.1038/s41893-023-01071-2)

Quelle: University of California – Los Angeles

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