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Energie

Deutsches Erdgasnetz ist reif für Wasserstoff

Gängige Stahl-Gasleitungen sind beständig gegenüber H2-Korrosion

Erdgaspipeline
Das deutsche Erdgasnetz kann für die Durchleitung von Wasserstoff genutzt werden, wie eine Überprüfung ergab. © imantsu/ Getty images

Grünes Licht für Wasserstoff-Transport: Wenn künftig Wasserstoff zum primären Brennstoff wird, kann er problemlos über das gut 550.000 Kilometer lange deutsche Gasnetz verteilt werden, wie nun eine Prüfung ergeben hat. Demnach können die in deutschen Gasleitungen verbauten Stähle der korrosiven Wirkung von Wasserstoff widerstehen und verspröden kaum. Nur einzelne Bauteile müssen für den Wasserstofftransport ausgetauscht werden. Dies könnte den Umstieg auf Wasserstoff signifikant erleichtern.

Grüner Wasserstoff gilt als wichtige Säule der künftigen Energieversorgung. Das Gas kann direkt als Brennstoff verbrannt werden, in Brennstoffzellen Strom erzeugen oder aber als chemischer Speicher für überschüssigen Strom aus Wind- und Solaranlagen dienen. Doch all dies funktioniert nur, wenn der Wasserstoff auch dorthin gelangt, wo er gebraucht wird. Eine Möglichkeit ist der Transport als Flüssigwasserstoff oder die Bindung in porösen Transportmaterialien. Deutlich billiger, einfacher und schneller wäre es allerdings, das Gas direkt durch das bestehende Gasleitungsnetz zu schicken.

Das Problem jedoch: Wasserstoff kann Metalle korrodieren und zur Versprödung des Materials führen. Der Stahl, aus dem die meisten deutschen Erdgasleitungen sind, könnte dadurch brüchig und rissig werden. Deshalb war bisher nur eine Beimischung von maximal zehn Prozent Wasserstoff zum gängigen Erdgas zulässig.

Proben von Pipelines und Gasleitungen im Test

Doch wie anfällig sind die deutschen Erdgasleitungen wirklich? Um das zu überprüfen, hat ein Forschungsteam von Open Grid Europe und der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart Proben von verschiedensten Hochdruck-Pipelines und Verteilerleitungen entnommen. Darunter waren neue Rohre aus modernen Stahlsorten, aber auch alte Leitungen aus dem Jahr 1930, um einen repräsentativen Querschnitt der in deutschen und teilweise auch europäischen Rohrleitungen verbauten Stähle zu erhalten.

Für die Tests wurden die Proben in einer speziellen Anlage einem Wasserstoffdruck von 100 Bar und verschiedenen Belastungen ausgesetzt. Dabei wurde geprüft, ob beispielsweise an einem absichtlich erzeugten Riss korrosive Veränderungen entstehen oder ob die Dehnungs- und Druckfestigkeit des Stahls mit der Zeit abnimmt.

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Keine erhöhte Sprödigkeit oder Alterung

Das Ergebnis: „Für alle in diesem Projekt geprüften Pipeline- und Rohrleitungsstähle liegt eine grundsätzliche Tauglichkeit für den Transport von Wasserstoff vor“, berichten Michael Steiner von von Open Grid Europe und seine Kollegen. Bei geringem Wasserstoffdruck, wie in kleineren Verteilerleitungen üblich, gab es in den Tests keinerlei negative Veränderungen an den Leitungsstählen. Aber auch unter Einfluss von Hochdruck-Wasserstoff entsprachen die Bruchfestigkeit und die betriebsbedingte Alterung den Sicherheitsanforderungen für das Leitungsnetz, wie das Team berichtet.

Das bedeutet: Statt ein neues Gasnetz für den Transport von Wasserstoff aufzubauen, kann das bereits bestehende, über 550.000 Kilometer lange deutsche Gasnetz künftig für den Transport von Wasserstoff genutzt werden. „In Leitungsnetzen werden die Rohre auch weiterhin genutzt werden können und nur einzelne Einbauteile oder Stationselemente sind zu ertüchtigen oder auszutauschen“, erklärt Gerald Linke vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW), der die Studie beauftragt hatte.

Erdgasnetz als Wasserstoffspender

Millionen Haushalte und Unternehmen mit Gasanschluss könnten demnach in Zukunft leicht mit Wasserstoff versorgt werden. Nur einzelne Einbauteile oder Stationselemente wären zu modifizieren. Nach Schätzungen des DVGW würde die deutschlandweite Umrüstung dieser Bauteile Gesamtkosten von rund 30 Milliarden Euro verursachen. Gemessen an den rund 300 Milliarden Euro, die schon in das Erdgasnetz geflossen sind, sei das wenig.

„Die Forschungsergebnisse sind wegweisend in die Wasserstoff-Zukunft. Von den drei Herausforderungen entlang der Wertschöpfungskette – Erzeugung, Transport und Nutzbarmachung – ist der Transport nun grundsätzlich gelöst“, konstatiert Linke. Damit für diese Umstellung vollständige Handlungs- und Rechtssicherheit besteht, hat der DVGW sein Regelwerk für den Einsatz von bis zu 100 Prozent Wasserstoff in deutschen Erdgasleitungen angepasst und ergänzt es aktuell um noch wenige weitere Standards. (Abschlussbericht DVGW-Projekt SyWeSt H2 (PDF))

Quelle: DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.

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