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Biologie

Zwillinge leben länger

Besonders eineiige Geschwister profitieren von lebenslanger sozialer Unterstützung

Zwillinge profitieren ein Leben lang von ihrer besonders engen Bindung. © Ramzihachicho/ iStock.com

Länger leben im Doppelpack: Zwilling-Sein wirkt sich positiv auf die Lebenserwartung aus. Wie eine Analyse von Daten aus Dänemark zeigt, werden insbesondere eineiige, männliche Zwillinge älter als der Rest der Bevölkerung. Der Grund dafür scheint die enge soziale Beziehung zwischen den Geschwistern zu sein. Sie profitieren demnach emotional wie gesundheitlich von der lebenslangen Unterstützung durch Bruder oder Schwester, schreiben die Forscher im Fachmagazin „PloS One.“

Zwillinge verbindet ein besonderes Band: Sie wachsen gemeinsam im Mutterleib heran und haben von Geburt an einen Gefährten an ihrer Seite. Diese körperlich wie emotional enge Beziehung hält oft ein Leben lang. Nicht selten wird das gleichaltrige Geschwisterkind zum besten Freund. Wissenschaftler um David Sharrow von der University of Washington in Seattle haben sich nun gefragt, welchen Effekt diese soziale Bindung hat – und untersucht, wie das Zwilling-Sein die Lebenserwartung beeinflusst.

Für ihre Studie analysierten die Forscher Daten aus dem dänischen Zwillingsregister, eines der ältesten Archive zu diesem Thema. Das Team wertete Informationen über 2.934 gleichgeschlechtliche Zwillinge aus, die zwischen 1870 und 1900 geboren worden waren. Deren Todesalter verglichen sie mit Daten der gesamten dänischen Bevölkerung.

Längeres Leben

Die Ergebnisse überraschten Sharrow und seine Kollegen: „Wir fanden heraus, dass in fast jedem Alter die Überlebensraten von Zwillingen höher sind als in der Gesamtbevölkerung“, sagt der Biologe. Dabei profitierten die Männer besonders in ihren 40ern vom Zwilling-Sein: Waren 84 Prozent der Bevölkerung im Alter von 45 Jahren noch am Leben, waren es bei den männlichen Zwillingen 90 – ein Unterschied von immerhin sechs Prozent. Bei den Frauen hingegen war die Differenz mit zehn Prozent im Alter um Anfang 60 am größten, wie das Team berichtet.

Interessant dabei: Weibliche Zwillinge hatten nur eine geringere Sterblichkeit für sogenannte akute Todesfälle in jüngeren Jahren, die auf Unfälle oder das eigene Verhalten zurückzuführen sind. Sie überlebten aber nicht insgesamt länger – Männer hingegen schon. Sie hatten sowohl bei akuten als auch bei natürlichen Todesfällen nach dem Überschreiten des 65. Lebensjahres eine bessere Bilanz.

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Gesünder dank sozialem „Beschützer“?

Das zeigt, so die These der Forscher, das männliche Zwillinge ein gesünderes Leben führen als Männer ohne Zwilling und deshalb älter werden. Weil Männer grundsätzlich riskanter und ungesünder lebten als Frauen, würden sie von einem Beschützer noch mehr profitieren als weibliche Zwillinge.

„Jemanden zu haben, der einem nahesteht und auf einen aufpasst ist von großem Nutzen“, betont Sharrow. So könnten sich soziale Kontakte in vielfältiger Weise auf die Gesundheit auswirken: Freunde motivieren uns zum Beispiel, sportlichen Aktivitäten nachzugehen oder schlechte Gewohnheiten aufzugeben. Sie trösten uns, wenn wir traurig sind und kümmern sich, wenn wir krank sind.

Dem Team zufolge reflektieren die Ergebnisse den positiven Einfluss sozialer Unterstützung in vergleichbarer Weise wie der sogenannte Marriage Protection Effect: Studien belegen, dass verheiratet zu sein, psychologische wie auch gesundheitliche Vorteile bringt. Unklar ist dabei jedoch, ob die Ehe Menschen wirklich gesünder macht – oder ob gesündere Menschen einfach öfter heiraten. „Schaut man sich Zwillinge an, entfällt dieser Effekt. Denn niemand sucht sich aus, Zwilling zu sein“, sagt Sharrow.

Eineiige Zwillinge profitieren noch mehr

Wie stark der Einfluss enger sozialer Beziehungen offenbar ist, zeigt ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Eineiige Zwillinge lebten demnach länger als zweieiige – ein Zeichen ihrer besonders intensiven Bindung? „Es gibt Hinweise darauf, dass sich eineiige Zwillinge tatsächlich näherstehen als zweieiige“, sagt Sharrow. „Womöglich können sie die Bedürfnisse des Bruders oder der Schwester noch besser erkennen, weil sie sich ähnlicher sind.“

Die Forscher hoffen, dass sich ihre Ergebnisse bei der Analyse weiterer Datensätze bestätigen lassen. Gelten die Zusammenhänge nicht nur für dänische Geschwister, wären sie nicht nur für Zwillinge von Bedeutung: „Die Forschung zeigt, dass soziale Interaktionen in vielen Kontexten wichtig sind. Die meisten Menschen haben keinen Zwilling, doch als Gesellschaft könnten wir uns entscheiden, vermehrt in soziale Beziehungen zu investieren und damit unsere Gesundheit und unsere Lebenserwartung fördern“, schließt das Team. (PloS One, 2016; doi: 10.1371/journal.pone.0154774)

(University of Washington, 22.08.2016 – DAL)

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