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Klima

Zuviel Kohlendioxid mindert Ernteerträge

Forscher zeigen: Für Getreide müssen neue Zuchtstrategien entwickelt werden

Der „Wunderreis“ IR8 wurde Anfang der 1960er Jahre gezüchtet und war lange Zeit berühmt für seine hohen Ernteerträge. Inzwischen lohnt sich der Anbau nicht mehr. © IRRI

CO2 lässt Nutzpflanzen zwar vermehrt wachsen, einige von ihnen verlieren durch das Gas jedoch an Ertrag. Denn ein Großteil der Erträge von global nutzbaren Getreidepflanzen basiert auf deren Zwergwüchsigkeit. Diese Eigenschaft verlieren sie offenbar durch den Einfluss des Gases. Für ihre Studie untersuchten die Forscher die Modellpflanze Arabidopsis thaliana unter kohlenstoffreichen und -armen Bedingungen. Es zeigte sich: Das Treibhausgas kann den für den Kleinwuchs verantwortlichen Blockade-Mechanismus umgehen. Die Pflanzen schießen wieder in die Höhe und verlieren so an Ertrag, wie die Forscher im Fachmagazin „Plant Physiology“ berichten.

In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es viel Aufsehen um eine Reissorte namens IR8, die heute fast gänzlich vom Markt verschwunden ist. Seine kurzen, starken Halme konnten die erhöhten Erträge ohne Probleme stemmen, während die meisten anderen Hochleistungssorten unter dem Gewicht ihrer Körner einknickten. Sein geringes Höhenwachstum sparte der Pflanze außerdem Nährstoffe und Energie. Alles, was nicht mehr zum Aufbau langer Halme gebraucht wurde, verfrachtete der Reis in die Körner. Inzwischen sind die Erträge von IR8 um etwa 15 Prozent eingebrochen, weshalb sich ein Anbau der einst so vielversprechenden Pflanze nicht mehr lohnt.

Grund für Zwergwuchs

Um zu verstehen warum dies so ist, muss der für die Zwergwüchsigkeit verantwortliche Mechanismus betrachtet werden: Dem Reis fehlt ein Enzym, das er zur Herstellung des pflanzlichen Wachstumshormons Gibberellinsäure benötigt. Ohne die Gibberellinsäure bleibt der Reis klein, aber kräftig und ertragreich. In den vergangenen 50 Jahren hat sich nichts an der genetischen Ausstattung der Reispflanze IR8 geändert, weshalb der Ertragseinbruch eine andere Ursache haben muss. Forscher vom Max-Planck-Institut Potsdam und der Universität Postdam haben nun untersucht, ob es einen Zusammenhang mit dem globalen Kohlendioxid-Anstieg in der Atmosphäre gibt. Denn die Konzentration des Treibhausgases ist heute um 25 Prozent höher, als noch in den sechziger Jahren.

Unter Leitung Bernd Müller-Röbers von der Universität Potsdam beobachteten die Forscher an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand), dass ein erhöhter Kohlendioxid-Gehalt kleinwüchsige Pflanzen wieder in die Höhe schießen lässt. Das Kohlendioxid scheint den gleichen wachstumsstimulierenden Effekt zu haben, den in hochwüchsigen Pflanzen die Gibberellinsäure ausübt und der bei der ertragreichen Züchtung blockiert ist. So geht den Zwergpflanzen ihr Vorteil verloren, denn auch sie wachsen durch das CO2 nun wieder in die Höhe.

„Züchter stehen damit vor der Herausforderung, neue Pflanzen entwickeln zu müssen, die unter den veränderten klimatischen Bedingungen weiterhin gute Erträge bringen“, so Jos Schippers vom Max Planck-Institut. Denn nicht nur beim Reis haben sich Zwergvarianten durchgesetzt, auch beim Weizen setzen Landwirte gern auf die kurzstieligen Sorten. Außerdem sind beide Getreide Grundnahrungsmittel für einen Großteil der globalen Bevölkerung. Jetzt sind die Forscher auf der Suche nach dem Mechanismus, durch den das gasförmige Kohlendioxid das Wachstum der Pflanzen beeinflusst (doi: 10.1104/pp.112.204842).

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(Plant Physiology, 04.12.2012 – KBE)

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