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Biologie

Zufallsfund: Seltene Froschart im Dschungel entdeckt

Der neue Frosch ist klein wie ein Daumennagel und kommt nur in einem einzigen kleinen Waldgebiet vor

Allobates amissibilis sp. nov., neu entdeckte mikroendemische Froschart © M.Hölting & R.Ernst / Senckenberg

Wie Ökotourismus nicht nur die Reisenden erfreut, durften Wissenschaftler kürzlich im Regenwald erleben: Bei der Überprüfung eines Ökotourismuskonzepts entdeckten sie zufällig eine neue Froschart – mit zwei Besonderheiten: er ist sehr klein und kommt nur in einem winzigen Waldgebiet vor.

Wenn neue Gebiete für den Ökotourismus erschlossen werden, sind meist Wissenschaftler mit am Werk. So auch im Projektgebiet Turu Falls am Fuße des Iwokrama Gebirges in Zentralguyana. Das Land im Nordosten Südamerikas beherbergt heute mehr als 25 Prozent des noch verbliebenen Regenwaldbestandes und zählt somit, neben Amazonien, dem Kongo und Papua Neuguinea, zu einem der vier weltweit bedeutendsten großflächigen Regenwaldgebiete. Eine vor Ort tätige Schutzorganisation testet dort, wie sich Erhalt von biologischer Vielfalt und nachhaltige Nutzung kombinieren lässt – beispielsweise auch durch Ökotourismus.

Ziel der Studie von Raffael Ernst vom Senckenberg Forschungsinstitut Dresden und seinen Kollegen war es nun, herauszufinden, ob eine dort häufig vorkommende Forscherart, der Harlekinfrosch (Atelopus hoogmoedi), durch die geplanten touristischen Aktivitäten beeinflusst werden könnte. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für einen Entwicklungsplan für das Gebiet dienen, wobei Atelopus hier stellvertretend für den Schutz des gesamten Gebietes steht, er hat die Rolle einer so genannten „flagship“- Art bekommen. Als das Wissenschaftlerteam dieser Frage nachging, entdeckten sie jedoch etwas ganz anderes.

Neu, selten und ortstreu

Während der Feldarbeit fiel den Biologen ein unscheinbarer, nur daumennagelgroßer, brauner Frosch auf, den sie keiner bekannten Art zuordnen konnten. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem braunen Winzling tatsächlich um eine bisher unbekannte Pfeilgiftfroschart, die nun gemeinsam von Dresdner und belgischen Wissenschaftlern erstmals beschrieben wurde. Bisher waren nur drei Arten dieser Gattung mit dem Namen Allobates aus Guyana bekannt – eine davon, der Kuckucksfrosch, wurde vom selben Team bereits im Jahre 2007 neu beschrieben. Ihren aktuellen Fund veröffentlichten sie jetzt im Fachjournal „Organisms Diversity and Evolution“.

Und noch eine Besonderheit weist der Winzling auf: Er ist erst die dritte bekannte mikroendemische, also nur in dem sehr kleinen Gebiet vorkommende, Tierart in diesem Gebiet. Zuvor waren nur ein Gecko und eine Blindwühle, ein beinloses Amphib, mit ähnlich geringer Verbreitung von dort bekannt. Mikroendemiten haben aufgrund ihres kleinen Verbreitungsgebiets oft auch einen geringen Gesamtbestand. Die wenigen Exemplare reagieren dann sehr empfindlich auf Veränderungen in ihrem Lebensraum und auf Störungen.

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Es sei daher fraglich, ob die Nutzung des Gebietes als ökotouristisches Reiseziel nicht langfristig zum Verlust einer Art führen kann, die gerade erst neu entdeckt und damit der wissenschaftlichen Untersuchung zugänglich gemacht wurde, meinen die Forscher. Um auf diesen Umstand hinzuweisen, haben sie ihrem Neuzugang den bezeichnenden Namen Allobates amissibilis – lateinisch für „der verloren gehen könnte“ – gegeben.

Schützenswertes Guyanaschild

Aber es bleibt zu hoffen, dass nicht zuletzt auch aufgrund der Forschungsarbeiten des Dresdner Teams noch nicht alles verloren ist für die vergessene Welt im Nordosten Südamerikas. In den tropischen Wäldern Zentral Guyanas leben sehr viele endemische Arten. Auch deshalb ist diese Region eine der wichtigsten Vorratskammern an biologischer Vielfalt in der Neuen Welt. Entgegen dem globalen Trend wurde hier bisher weit weniger Wald gerodet als in anderen tropischen Regionen. Damit dies noch lange so bleibt, können solche Entdeckungen vielleicht helfen, gute Entscheidungen für Nutzung und Schutz dieser Wälder zu treffen – und somit dem Druck rasanter wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen Stand zu halten.

(Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, 18.07.2013 – SEN)

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