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Biologie

Zellen: Verpackungshelfer ist nicht gleich Verpackungshelfer

Forscher entdecken Unterschiede bei den Transportregulatoren in tierischen und pflanzlichen Zellen

In Zellen werden dauernd neue Stoffe hergestellt, die für Transporte innerhalb der Zelle sorgfältig verpackt werden müssen. Dafür werden sie von Bläschen, die von einer Membran umhüllt sind, umschlossen. Auf der Verpackung wird die Adresse angegeben, an die die Stoffe geliefert werden sollen. Die Ausstattung der Zellen für diese Arbeiten ist bei höher entwickelten Tieren und Pflanzen sehr ähnlich. Nun hat ein Wissenschaftlerteam entdeckt, dass die Evolution der Transportregulatoren nicht parallel verlaufen ist und es im Detail doch Unterschiede gibt.

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Unter anderem müssen neu hergestellte Stoffe zu einer zentralen Stelle, dem Golgi-Apparat, transportiert werden, von wo aus sie zu verschiedenen Zielen weitergeleitet werden. Zu einem Transportregulator in tierischen Zellen, der am Golgi-Apparat die Verpackung in Vesikel steuert, gibt es einen nah verwandten Regulator in Pflanzen. Doch der wurde durch eine ganz andere Aufgabe in der Zelle entdeckt. Das weist auf die für die Wissenschaftler vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen, der Universität Heidelberg und vom Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtung überraschende Trennung in der Evolution der Transportregulatoren in tierischen und pflanzlichen Zellen hin.

Die Forscher um Sandra Richter, Niko Geldner, Jarmo Schrader, Hanno Wolters, York-Dieter Stierhof, Gerd Jürgens sowie David Robinson und Csaba Koncz berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

Arabidopsis im Einsatz

Die Versuchspflanze der Wissenschaftler ist – wie häufig in der Genetik – die Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana. Ihr bekanntester Transportregulator namens GNOM ähnelt sehr dem Regulator, der in Zellen von Säugetieren am Golgi-Apparat die Stoffverpackung in Vesikel steuert. Obwohl diese Aufgabe auch in Pflanzenzellen zu erledigen ist, regelt GNOM stattdessen an so genannten Endosomen die Verpackung von Stoffen, die zur Zellmembran, die die ganze Zelle umschließt, transportiert werden.

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Endosomen sind von einer Membran umhüllte Blasen, die in Vesikeln verpackte Stoffe von der Zellmembran erhalten, sie sortieren und neu verpacken – entweder ins Zellinnere zum Abbau oder zurück zur Zellmembran zur Wiederverwendung (Recycling). Auf diese Weise sorgt GNOM dafür, dass Transporter des Pflanzenhormons Auxin an die Zellmembran, ihren Wirkort, gelangen, und somit hat GNOM eine wichtige Aufgabe in der Entwicklung der Pflanzen. Wenn es fehlt, kann die Pflanze keine Achse ausbilden, weiß also nicht so recht, wo oben und unten ist, und wächst im Extremfall als Ball.

Doch wie wird dann in der Arabidopsis-Zelle die Vesikelverpackung am Golgi-Apparat geregelt, wenn GNOM woanders wirkt? Das, so haben die Forscher festgestellt, übernimmt ein naher Verwandter von GNOM, der deshalb GNL1 genannt wurde (englisch: GNOM-LIKE1). Interessanterweise konnte GNOM die Funktion von GNL1 ersetzen. Das bedeutet, dass beide Regulatoren die ursprüngliche Funktion am Golgi-Apparat ausüben, während GNOM eine zusätzliche neue Aufgabe hat.

Verschiedene Lösungen für dasselbe Problem

„Wir wissen, dass es in Einzellern nur einen Transportregulator aus dieser Gruppe gibt. Er hat die Ursprungsfunktion, am Golgi-Apparat die Vesikelverpackung zu steuern“, erklärt Richter, Doktorandin am ZMBP. In tierischen Zellen wurde die Funktion so übernommen, während bei Pflanzen der ursprüngliche Regulator verdoppelt wurde, und eine Kopie habe wahrscheinlich andere Funktionen übernommen. In der Evolution seien dann unterschiedliche Spezialisierungen bei Tieren und Pflanzen erfolgt.

„Vermutlich hat die Spezialisierung relativ spät innerhalb des Pflanzenreichs statt gefunden“, sagt Richter. „Denn zum Beispiel hat ein Moos – wie Tiere auch – nur ein Exemplar des Transportregulators, während Blütenpflanzen mehrere, spezialisierte Exemplare haben.“ Die Evolution der Tiere hat hingegen für den Kreislauf zwischen Zellmembran und Endosomen eine neue Klasse von Transportregulatoren hervorgebracht. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass die beiden großen Reiche der Lebewesen in der Evolution immer wieder verschiedene Lösungen für dasselbe Problem gefunden haben.

(idw – Universität Tübingen, 26.07.2007 – DLO)

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