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Mikrobiologie

Zellen als Verpackungskünstler

Bildung von Membranbläschen enträtselt, welche die Proteine beim Transport schützen

Querschnitt durch eine Membran, die von zwei symmetrisch anhaftenden Teilchen stark gekrümmt wird. © Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Zellen schließen Proteine in kleine Membranbläschen ein, damit sich diese beim Transport nicht mit anderen Substanzen vermischen. Nun haben Forscher herausgefunden, wie sich diese Bläschen bilden. Möglicherweise ist der neu entdeckte physikalische Mechanismus auch an anderen Prozessen beteiligt, bei denen Zellmembranen verformt werden. In der Folge, so berichten die Forscher in „Nature“, ließe sich damit vielleicht auch die Bildung von Organellen mit stark gekrümmten Oberflächen wie dem Golgi-Apparat und den Mitochondrien beschreiben.

Jede Zelle des menschlichen Körpers ähnelt einer Fabrik auf kleinstem Raum, die unermüdlich tausende Substanzen produziert. Unter anderem müssen Botenstoffe und Zellbausteine synthetisiert und an die richtige Stelle transportiert werden. Für diesen Materialaustausch verfügen Zellen über einen raffinierte Verpackungsmechanismus: Fertige Proteine werden in kleine Bläschen eingeschlossen, die sich aus der Zellmembran abschnüren. Dazu lagern sich spezielle Proteine an der Membranwand an. Diese verformen die Membran – eine Einstülpung entsteht. Im Inneren eines solchen Vesikels eingeschlossene Proteine überstehen den Transport durch die Zelle, ohne sich unterwegs mit anderen Substanzen zu vermischen. Während Zellbiologen die für die Verformung zuständigen Proteine schon seit längerem kennen, wussten sie über den Prozess der Vesikelbildung bisher noch sehr wenig.

Teamwork der Proteine

Mit einer Computersimulation haben nun Wissenschaftler um Markus Deserno am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz gezeigt, wie Proteine bei der Verformung der Membran zusammenarbeiten: Binden sie an die Membranoberfläche, rufen sie in ihrer unmittelbaren Umgebung eine trichterähnliche Verformung hervor. Ohne direkt miteinander zu wechselwirken, beeinflussen sich die membrangebundenen Proteine indirekt über die Verformung der Membran. Sobald sich zwei Proteine zu nahe kommen und die gekrümmten Membranen überlappen, führt das zu einer Anziehung, aus der bei ausreichend vielen Proteinen eine Membraneinstülpung entsteht. Diese Anordnung der Proteine ähnelt der von zwei nah beieinander liegenden Kugeln auf einem gespannten Gummituch.

„Uns geht es dabei grundsätzlich um die Frage, wie Membranen verformt werden“, sagt Markus Deserno. „In der Zelle gibt es zahlreiche Organellen, etwa den Golgi-Apparat oder die Mitochondrien, deren Membranoberflächen auf ganz bestimmte Art und Weise gekrümmt sind. Solche Verformungen kosten viel Energie, und das muss die Zelle irgendwie steuern. Möglicherweise spielen die Mechanismen, die wir entdeckt haben, auch dort eine Rolle.“

Komplexe Simulation stößt an Grenzen

Zu Beginn der Simulation sind die membrankrümmenden Proteine erst einmal gleichmäßig verteilt. Im Verlauf der Vesikelbildung wandern sie auf der Membran und häufen sich an bestimmten Stellen. „Das ist das einfachste Szenario, von dem wir ausgehen können“, sagt Deserno. „Vermutlich macht die Natur das schlauer und bringt Proteine von Anfang gehäuft an bestimmte Stellen.“ Außerdem mussten die Max-Planck-Forscher auf die Modellierung von einzelnen Atomen verzichten, sonst wäre das Experiment im Computer rechnerisch nicht zu bewältigen gewesen. Denn während die Natur eine Vesikel in wenigen Millisekunden bildet, benötigten die Computercluster des DEISA-Projektes (Distributed European Infrastructure for Supercomputing Applications) dafür mehrere Wochen.

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(Max-Planck-Institut für Polymerforschung, 25.05.2007 – AHE)

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