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Biologie

Wurm-Enzym gegen Muskelschwund

"Eleganter" Fadenwurm eröffnet Heilungschancen

Forscher der Universität Freiburg haben eine Möglichkeit gefunden, erblich bedingten Muskelschwund aufzuhalten. Zwar ist ihr Patient im Augenblick nur ein winziger Fadenwurm, aber alle genetischen Komponenten des beteiligten Mechanismus finden sich auch im Menschen.

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Eigentlich hatte das Labor um den Molekulargenetiker Prof. Ralf Baumeister in dem nur einemn Millimeter langen Fadenwurm C. elegans die Funktion eines Enzyms namens CHIP untersucht, das zusammen mit einem weiteren Faktor beim Menschen an der Entstehung der Parkinsonschen Krankheit beteiligt ist. Quasi nebenbei fanden die Forscher dabei, dass CHIP auch eine wesentliche Rolle bei der Regulation von Muskelauf- und -abbau steuert. Sie publizierten diese aufregende Erkenntnis heute in der Wissenschaftszeitschrift „Cell“.

Verfallsstempel „markiert“ Defekte

Muskeln bestehen aus dicken und dünnen Eiweißfäden, den so genannten Filamenten. Diese müssen während des Muskelwachstums von einer komplexen Proteinmaschinerie sehr sorgfältig zusammengesetzt werden, damit der Muskel auch unter Last funktioniert. Ist diese Maschinerie fehlerhaft oder beschädigt, muss sie vom Organismus rasch abgebaut und erneuert werden. Baumeister: „CHIP wacht darüber, indem es der defekten Komponente einen Verfallsstempel aufdrückt, der dann zu ihrer Beseitigung führt.“

Durch Manipulation von CHIP konnten die Forscher dieses Verfallsdatum hinausschieben, und damit auch beschädigte Muskeln länger am Leben erhalten. Dass dies den degenerativen Muskelschwund bei erblichen Schäden am Muskelapparat hinauszögern kann, zeigen die Genetiker im C. elegans-Tiermodell. „Unsere Muskelschwund-Mutanten sind praktisch unbeweglich, da die gesamte Körpermuskulatur in Mitleidenschaft gezogen wird. Reduzieren wir dagegen rechtzeitig die CHIP Aktivität, bleibt den Würmern die Beweglichkeit erhalten, weil die Muskulatur nicht so schnell abgebaut wird. Denn ein geschwächter Muskel ist immer noch besser als gar keiner“.

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In einem Expertenkommentar der Zeitschrift Cell, in der die Publikation erschienen ist, wird auf die Anwendungsmöglichkeit dieser Entdeckung bei der Bekämpfung von Muskeldystrophien hingewiesen. Diese gehören zu den häufigsten Erbkrankheiten im Kindesalter und können derzeit noch nicht behandelt werden.

Baumeisters Labor, das an der biologischen Fakultät der Freiburger Universität forscht, untersucht am Fadenwurm C. elegans auch die Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, sowie die Komponenten der molekularen Uhr, die das Lebensalter bestimmen. Erst im vergangenen Monat zeigten die Freiburger Biologen, dass man durch Veränderung zweier Gene die Lebenserwartung von C. elegans vervierfachen kann.

(Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, 09.08.2004 – NPO)

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