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Zoologie

Wölfe: Rotkäppchen hat gelogen

Das steht wirklich auf dem Speiseplan der Wölfe

Rüde des Daubitzer Wolfsrudels auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz. © NABU/ Jan Noack

Noch immer weckt der Wolf bei vielen Menschen die irrationale Angst, er könnte auch Menschen anfallen. Doch der Bösewicht aus Grimms Märchen ist an uns nicht interessiert. Seine Hauptnahrung sind auch hier bei uns Rehe, Hirsche und Wildschweine, das bestätigen nun Untersuchungen von Kotproben der Wölfe in der Lausitz. Und auch Schafe sind nicht in Gefahr – wenn sie durch Zäune oder Herdenschutzhunde geschützt sind, erklären Forscher des Senckenberg-Forschungsinstituts.

Mehr als 150 Jahre war der Wolf in Deutschland ausgerottet. Seit 2000 kehrt der Canis lupus nach Deutschland zurück, 20 Rudel leben inzwischen im Bundesgebiet. Doch mit seiner erfolgreichen Rückkehr werden auch alte Legenden zum „Mythos Wolf“ wach. Vor allem zu seinem Fressverhalten halten sich hartnäckig Märchen. „Der Ernährungsplan des Wolfes ist gut untersucht. Klar ist: Der Mensch gehört definitiv nicht zu seiner Beute. In den mehr als zwölf Jahren, in denen sich Menschen und Wölfe hierzulande die Wälder teilen, hat sich kein Wolf einem Menschen aggressiv genähert“, so NABU-Wolfsexperte Markus Bathen.

Seit zehn Jahren analysiert das Senckenberg-Forschungsinstitut in Görlitz Kotproben von Wölfen aus der sächsisch-brandenburgischen Lausitz. Mehr als 2.000 Proben untersuchten die Zoologen auf unverdaute Hinterlassenschaften wie Haare, Knochen, Hufe oder Zähne der Beutetiere. So konnten die Forscher ein genaues Bild von der Ernährung der Wölfe zeichnen. Demnach stellen wilde Huftiere mehr als 96 Prozent der Beutetiere. Dabei dominieren Rehe (52,2 Prozent), gefolgt von Rothirsch (24,7 Prozent) und Wildschweinen (16,3 Prozent). Einen geringen Anteil machen Hasen mit knapp drei Prozent aus.

Herdenschutzhund der Rasse Maremmano-Abruzzese bewacht Schafherde in der Lausitz. © NABU/ K. Karkow

Schafe stehen nur im Notfall auf dem Speiseplan

Nutztiere wie Schafe sind dagegen keine bevorzugten Beutetiere des Wolfs. Ihr Anteil macht insgesamt weniger als ein Prozent aus. „Solange Schafe gut geschützt sind, meiden Wölfe die Gefahr, mit Elektrozäunen oder Herdenschutzhunden in Kontakt zu kommen“, so Bathen. Schon Zäune mit 90 Zentimetern Höhe bringen den gewünschten Erfolg – denn Wölfe versuchen Hindernisse zunächst zu untergraben. Daher sei es unerlässlich, auch für die neu besiedelten Wolfsgebiete Niedersachsen und Schleswig-Holstein einen konsequenten Herdenschutz aufzubauen, etwa nach sächsischem Vorbild.

Was aber wird sich für Waldbesucher und Hundebesitzer ändern, wenn Wölfe in den Wäldern wohnen? „Wölfe sind äußerst zurückhaltend. Sie nehmen einen Menschen meist schon früh durch ihre feinen Sinne wahr und gehen ihm aus dem Weg. Junge Wölfe sind allerdings etwas unbedarfter – es ist gut möglich, dass sie länger brauchen, um eine Situation richtig einzuschätzen und sich zurückzuziehen“, so Bathen.

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Stehenbleiben statt weglaufen

Für eine Begegnung mit einem Wolf empfiehlt der Wolfsexperte: „Begegnet man einem Wolf, sollte man keinesfalls weglaufen, sondern stehen bleiben und beobachten. Wer sich unwohl fühlt, kann einen Wolf leicht vertreiben, indem er ihn laut anspricht, in die Hände klatscht oder mit den Armen winkt. Und vor allem sollte man nicht versuchen, ihn anzufassen oder zu füttern.“ Hunde sollten in bekannten Wolfsgebieten möglichst nah am Mensch bleiben. Frei laufende Hunde können von Wölfen als Reviereindringling angesehen und vertrieben werden. Ist der Hund jedoch nah beim Menschen, überträgt sich der von ihm ausgehende Schutz automatisch auf den Hund.

Zwölf Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland hat der Wolf nun auch in die nördlichen Bundesländer zurückgefunden. Nahe dem niedersächsischen Munster siedelte sich Ende Juli 2012 das 15. deutsche Rudel an, in Schleswig-Holstein wurde zur gleichen Zeit ein Wolfsrüde im Kreis Segeberg gesichtet. Nach Einschätzung des NABU werden Wölfe langfristig in allen Flächenbundesländern vorkommen. Der NABU begleitet die Rückkehr freilebender Wölfe nach Deutschland seit acht Jahren mit Informationen und Forschung im Rahmen des Projektes „Willkommen Wolf“.

(NABU, 05.03.2013 – NPO)

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