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Biologie

Windanlagen: Todesfalle für junge Fledermäuse

Mortalität von Jungtieren vor allem an Windrädern nahe Wäldern und Seen hoch

tote Fledermaus
Windkraftanlagen können zur Todesfalle für Fledermäuse werden. An manchen Standorten sterben dabei überproportional viele Jungtiere. © Christian Voigt/ Leibniz-IZW

Tödliche Falle: An manchen Windanlagen in Deutschland sterben überproportional viele junge Fledermäuse, wie nun eine Studie enthüllt. Demnach werden vor allem vereinzelt stehende Windanlagen in der Nähe von Wäldern und Seen zur Todesfalle für die Jungtiere. In den dichter stehenden Windfarmen der Küstenregionen ist dies hingegen nicht der Fall: Dort sterben zwar auch Fledermäuse in den Windrädern, aber der Anteil der Jungtiere ist nicht anomal hoch.

Die Windkraft gilt als eine der Säulen der künftigen Energieversorgung, aber auch sie hat ihren Preis: Für viele Vögel und Fledermäuse können die Rotorblätter der Windanlagen zur Todesfalle werden. Im Extremfall kommt es in den Anlagen zu kaskadierenden Veränderungen des gesamten Ökosystems. Einige Fledermausarten scheinen die Windräder dabei mit Bäumen zu verwechseln und fliegen sie sogar gezielt an, andere werden nachts von den roten Warnlichtern angezogen.

Fledermaustode nach Alter und Geschlecht aufgeschlüsselt

Bislang war jedoch unklar, ob bestimmte Altersgruppen oder Geschlechter der Fledermäuse an Windkraftanlagen besonders gefährdet sind. Wichtig ist dies deshalb, weil eine höhere Anfälligkeit von beispielsweise weiblichen oder jungen Fledermäusen erhebliche Auswirkungen auf lokale Bestände haben könnte. „Weibchen und Jungtiere sind extrem wichtig, um die langfristige Lebensfähigkeit der Kolonien zu gewährleisten“, erklärt Erstautor Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung .

Voigt und seine Kollegen haben daher die Mortalität von Rauhautfledermäusen (Pipistrellus nathusii) während der sommerlichen Wanderung in freier Natur und an Windanlagen verglichen. Dafür untersuchten sie 119 in Windanlagen verschiedener deutscher Standorte gefundene Fledermauskadaver sowie 524 in natürlichen Umgebungen vorübergehend gefangene Tiere auf Alter und Geschlecht.

Überproportional mehr tote Jungtiere – aber nicht überall

Das Ergebnis: „Im Rahmen unserer Untersuchung fanden wir mehr junge Rauhautfledermäuse tot unter Windkraftanlagen, als aufgrund ihrer Häufigkeit in den lokalen Beständen zu erwarten gewesen war“, berichtet Voigt. „Das deutet darauf hin, dass junge Fledermäuse durch Windkraftanlagen besonders gefährdet sind.“ Weibchen werden zwar auch häufiger an Windkraftanlagen getötet als Männchen – dies entspricht aber ihrem höheren Anteil in den lokalen Beständen.

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Allerdings: Dieses Ungleichgewicht bei den getöteten Fledermäusen findet sich nicht überall. „Diesen überproportionalen Anteil von jungen Fledermäusen unter den Schlagopfern wiesen wir bei niedriger Dichte von Windkraftanlagen in Gebieten mit Gewässern und Wäldern nach – in Gegenden also, in denen Rauhautfledermäuse sich fortpflanzen“, erklärt Voigt. In Gebieten mit hoher Dichte an Windkraftanlagen, etwa in Küstenregionen, entsprachen die Todesfälle den natürlichen Anteilen von Jungen und Weibchen in den Beständen.

Windräder im Sommer nachts abschalten

Nach Ansicht der Wissenschaftler legen diese Ergebnisse nahe, dass vor allem Windanlagen in der Nähe von Wäldern und Gewässern zum Problem für die Fledermausbestände werden können. Wenn während der Wanderungszeiten der Tiere und bei günstiger Witterung nachts weiterlaufen, sterben den Fledermäusen die Jungtiere weg. Auf Dauer kann das die Widerstandsfähigkeit der Bestände gegenüber Klima- und Umweltbelastungen beeinträchtigen, wie das Team erklärt.

„Maßnahmen, die hohe Todeszahlen an Windkraftanlagen verhindern, wie beispielsweise saisonale Abschaltzeiten während der Nacht und bei für Fledermäuse günstiger Witterung, sollten in ganz Europa umgesetzt werden, um einen Rückgang der Bestände wandernder Fledermäuse wie der Rauhautfledermaus zu verhindern“, sagt Voigsts Kollegin Kruszynski de Assis. Voigt ergänzt: „Der Schutz von Fledermäusen an Windkraftanlagen sollte deshalb ein vorrangiges Ziel bei der Planung und dem Betrieb von Windkraftanlagen sein.“ (Ecological Applications, 2021; doi: 10.1002/eap.2513)

Quelle: Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.

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