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Evolution

Wimmelndes Leben schon vor 3,2 Milliarden Jahren?

Forscher entdecken Indizien für biologische Stickstoff-Fixierung in ältesten Gesteinen der Erde

Aus dieser Gegend im Nordwesten Australiens stammen die 3,2 Milliarden Jahre alten Gesteinsproben © R. Buick / University of Washington

Leben, früher als gedacht: Schon vor 3,2 Milliarden Jahren könnte es eine florierende Mikrobenwelt auf unserem Planeten gegeben haben. Darauf deuten Analysen von 3,2 Milliarden Jahre alten Gesteinen hin. Denn in ihnen haben Forscher Indizien für eine biologische Stickstoff-Fixierung entdeckt – einen Prozess, der so nur in lebende Zellen abläuft. Er könnte damit schon eine Milliarde Jahre früher begonnen haben als bisher gedacht, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.

Stickstoff ist ein entscheidendes Element für das Leben. Denn es ist ein Grundbaustein für Proteine und damit die Arbeitsmaschinen der Zellen. Doch um den Luftstickstoff für den Zellstoffwechsel nutzbar zu machen, muss dieser erst umgebaut werden – von zweiatomigen Molekülen in Ammonium, Stickstoffoxide oder andere leichter biologisch verwertbare Verbindungen. In lebenden Zellen geschieht dies heute durch verschiedene Enzyme, die sogenannten Nitrogenasen.

Spurensuche in den ältesten Gesteinen

„Bisher hatte man die Vorstellung, dass die Biosphäre der Erde erst dann groß, robust und vielfältig wurde, als diese Stickstofffixierung möglich wurde“, erklären Eva Stueken von der University of Washington in Seattle und ihre Kollegen. Eine Art Urenzym könnte zwar schon vor weit mehr als 3,5 Milliarden Jahren existiert haben, doch gängigen Annahmen nach entwickelten sich die Nitrogenasen erst vor rund 1,5 bis 2,2 Milliarden Jahren.

Für ihre Studie untersuchten Stueken und ihre Kollegen 52 Proben der ältesten Gesteine der Erde. Sie stammen aus der Zeit von vor 2,75 bis 3,2 Milliarden Jahren und lassen sich bis heute in Südafrika und dem Nordwesten Australiens finden. Die Forscher analysierten den Gehalt an verschiedenen Stickstoff-Isotopen in diesen Gesteinen. Das Verhältnis von schweren zu leichten Isotopen verrät, ob im Gestein einfach nur Luftstickstoff eingelagert wurde oder ob biochemische Prozesse bestimmte Stickstoffformen angereichert haben könnten.

Das Enyzm, das Luftstickstoff in Ammonium umwandelt, hat ein Molybdän-Atom als Zentrum © gemeinfrei

Biologische Stickstoff-Fixierung schon vor 3,2 Milliarden Jahren

Selbst in den ältesten untersuchten Gesteinen fanden die Forscher ein Isotopenverhältnis, das auf eine biologische Stickstofffixierung hindeutet. „Diese Daten können nicht allein durch abiotische Prozesse erklärt werden“, konstatieren sie. „Hier muss bereits eine biologische Fixierung stattgefunden haben.“

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Das aber bedeutet, dass schon vor 3,2 Milliarden Jahren Zellen und Enzyme existierten, die diesen für das Leben entscheidenden Prozess ermöglichten – rund eine Milliarde Jahre früher als bisher angenommen. Wie die Forscher berichten, handelte es sich dabei vermutlich um Nitrogenasen, die auf Molybdänbasis funktionieren. Sie sind auch heute noch der häufigste Typ von Stickstoff-fixierenden Enzymen.

„Die Vorstellung, dass dieser ziemlich komplizierte Prozess so alt ist und schon seit 3,2 Milliarden Jahren auf annähernd die gleichen Weise funktioniert, ist faszinierend“, sagt Stueken. Der Fund deute darauf hin, dass diese Enzyme deutlich früher entstanden als bisher gedacht.

Leben sogar schon auf dem Land?

Nach Ansicht der Forscher spricht ihr Ergebnis dafür, dass das Leben schon vor gut drei Milliarden Jahren sehr viel verbreiteter und vielfältiger gewesen sein könnte als angenommen. „Unsere Arbeit zeigt, dass es keinen Mangel an verwertbarem Stickstoff auf der frühen Erde gab“, sagt Koautor Roger Buick von der University of Washington. „Sie könnte daher bereits eine ziemlich große und vielfältige Biosphäre besessen haben.“

Möglicherweise wagten sich damals sogar schon die ersten Mikroben auf das Land und bildeten eine Schleimschicht auf Felsen im Küstenbereich des Urozeans. „Wir werden wohl nie direkte Beweise für eine solche Schleimschicht finden, aber unsere Daten könnten uns indirekte Indizien dafür liefern, dass das Land bereits belebt war“, so Buick. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14180)

(University of Washington, 17.02.2015 – NPO)

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