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Biologie

Wiege des Haushunds stand in Deutschland

14.000 bis 16.000 Jahre alte Fossilien zeigen Übergang von Wolf zum Hund

Kieferknochen
Fossilien von Hundeartigen aus der Gnirshöhle in Baden-Württemberg dokumentieren den Übergang vom Wolf zum Haushund. © Senckenberg

Hotspot der Domestikation: Einer der Ursprünge der europäischen Haushunde könnte im Südwesten Deutschlands gelegen haben. Davon zeugen 14.000 bis 16.000 Jahre alte Fossilien, die in einer Höhle in Baden-Württemberg gefunden wurden. Die Knochen ähneln anatomisch dem Wolf, ihre DNA spiegelt aber den Übergang vom Wolf zum Hund wider. Auch die Ernährung dieser Hundeartigen war bereits vom Menschen geprägt, wie die Forscher berichten.

Der Hund begleitet uns Menschen schon seit Jahrtausenden. Doch wann und wo die Domestikation des Wolfs zum Hund erfolgte, ist bislang strittig. DNA-Analysen von Fossilien legen nahe, dass wolfsähnliche Hunde schon vor 28.000 Jahre in Menschennähe lebten und seine Abfälle fraßen. „Wann genau die Domestizierung von Wölfen zu Haus- und Hütehunden erfolgte, ist aber nach wie vor unklar. Wissenschaftliche Schätzungen variieren zwischen etwa 15.000 bis 30.000 Jahren vor heute“, erklärt Chris Baumann von der Universität Tübingen.

Und auch wo dies geschah, ist strittig – einige Genstudien sprechen für den Nahen oder Fernen Osten, andere für Europa.

Wölfisches Aussehen mit Hundegenen

Jetzt gibt es neue Hinweise darauf, dass zumindest eine der Wiegen des Haushunds im Südwesten Deutschlands gestanden haben könnte. Darauf deuten Fossilien von Caniden hin, die Baumann und sein Team in der Gnirshöhle in Baden-Württemberg gefunden haben. „Die Gnirshöhle ist eine kleine Höhle mit zwei Kammern, die in unmittelbarer Nähe zu zwei weiteren Höhlen aus dem Magdalénien liegt, einer Kulturstufe der späten Altsteinzeit“, ergänzt Baumann.

Für ihre Studie hat das Forscherteam die zwischen 16.000 und 14.000 Jahre alten Knochen sowohl anatomisch als auch genetisch untersucht. „Wir haben Morphologie, Genetik und Isotopie verknüpft und konnten so feststellen, dass die untersuchten Knochen aus vielen verschiedenen genetischen Linien stammen“, berichtet Baumann. „Spannend ist, dass die aus ihnen sequenzierten mitochondrialen Genome die ganze genetische Bandbreite von Wolf bis Hund abdecken.“ Gleichzeitig entsprechen die Fossilien anatomisch in vielem noch den Wölfen jener Zeit.

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Jagdabfälle statt Mammuts

Interessant auch: Isotopenanalysen sprechen dafür, dass diese hundeartigen Vierbeiner ein anderes Nahrungsspektrum aufwiesen als freilebende wilde Wölfe der damaligen Zeit. Während diese vorwiegend große Pflanzenfresser erlegten, darunter auch Mammuts, ernährten sich die Hundeartigen aus der Gnirshöhle hauptsächlich von kleineren Säugetieren wie Rentieren und Hasen.

Die Paläontologen schließen daraus, dass diese Hunde nicht mehr nur frei jagten, sondern einen großen Teil ihrer Nahrung vom Menschen bekamen. Dadurch spiegelt ihre Ernährung die Tierarten wider, die damals primär von den Eiszeitmenschen gejagt und verzehrt wurden. Das Nahrungsspektrum der Gnirshöhlen-Hunde ist dadurch demjenigen ähnlich, dass man auch anderswo bei frühen domestizierten Hunden gefunden hat.

Übergang vom Wolf zum Hund

Das könnte bedeuten, dass in dieser Region vor 16.000 bis 14.000 Jahren der Übergang von Wölfen zu gezähmten Hunden stattgefunden haben könnte. „Die Nähe der Tiere zu den Menschen sowie die Hinweise auf deren recht eingeschränkte Ernährung lassen uns annehmen, dass vor 16.000 bis 14.000 Jahren Wölfe bereits zu Haushunden domestiziert wurden“, sagt Baumann. „Ein Ursprung der europäischen Hunde könnte demnach im Südwesten Deutschlands liegen.“ (Scientific Reports, 2021; doi: 10.1038/s41598-021-83719-7)

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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