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Neurobiologie

Wie Nervenzellen spontan „chatten“

Spontane und aktivitätsabhängige Ausschüttung von Botenstoffen erfolgt durch die gleichen Membranbläschen

Forscher haben entschlüsselt, wie Nervenzellen spontan miteinander Informationen austauschen und damit die Grundlagen für das Verständnis dieses Übertragungsweges geschaffen. Sie bestätigten in ihrer neuen Studie dabei eine alte Theorie zur Neurotransmitterfreisetzung, die bisher jedoch nie direkt bewiesen konnte.

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Die Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg (FAU) und Göttingen stellen ihrer Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Neuroscience“ erstmals vor.

Spontane Botenstoff-Freisetzung wichtig für Erhalt der Synapse

Informationen werden von einer Nervenzelle zur anderen mithilfe von Botenstoffen, den so genannten Neurotransmittern, weitergeleitet. Auf der Senderseite ist der Neurotransmitter in der Kontaktstelle der Zellen, der Synapse, in kleinen Membranbläschen angereichert. Diese können spontan oder auf einen elektrischen Reiz hin mit der Außenmembran der Nervenzelle verschmelzen und den Neurotransmitter in Richtung der Empfängerzelle ausschütten.

Werden die Neurotransmitter durch einen äußeren Reiz freigesetzt, löst die Übertragung auch eine Reizung der Empfängerzelle aus. Gibt eine Zelle die Botenstoffe ohne äußere Einflüsse ab, dann sind nur schwache Effekte bei der benachbarten Nervenzelle zu beobachten. Die spontane Freisetzung scheint jedoch für den Erhalt der Synapse sehr wichtig zu sein – und damit für unser Denken und die Gesundheit der menschlichen Psyche.

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Uralte Annahme

In den Pionierzeiten der synaptischen Forschung galt es, obwohl nie direkt bewiesen, als selbstverständlich, dass die spontane Neurotransmitterfreisetzung und die durch Reize ausgelöste von den gleichen Membranbläschen ausgeht.

In den vergangenen Jahren entbrannte unter Wissenschaftlern jedoch eine heftige Kontroverse über diese Annahme. Verschiedene Forscherteams versuchten beispielsweise, eine Unterpopulation der Membranbläschen nachzuweisen, die speziell für spontane Fusionen zuständig sein sollte. In ihrer umfangreichen Studie zeigten die Wissenschaftler um Silvio Rizzoli jetzt jedoch klar, dass die spontane und aktivitätsabhängige Ausschüttung der Botenstoffe durch die gleichen Membranbläschen erfolgt.

Neuer Ansatz zur Therapie von Schizophrenie oder Depression?

Die neuen Ergebnisse erlauben den Wissenschaftlern zufolge eine vorsichtige Hoffnung: „Die gezielte Beeinflussung spontaner Neurotransmitterfreisetzung könnte einen neuen Ansatz zur Therapie von psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression bieten“, sagt Dr. Teja Grömer von der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik am Erlanger Universitätsklinikum.

(Universität Erlangen-Nürnberg, 08.12.2010 – DLO)

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