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Biologie

Wie kommt der Mensch auf den Hund?

Mensch-Tier-Beziehung als Forschungsobjekt

Hund und Mensch © Universität Wien

"Sind Sie ein Katzen- oder ein Hundemensch?" Unter Tierfreunden gibt es zwei Lager und die jeweilige Zugehörigkeit, so die landläufige Meinung, sagt so einiges über den Menschentyp aus. Ein Wiener Verhaltensforscher hat sich nun auf die Spur des so genannten Hundemenschen begeben. In seinem aktuellen Forschungsprojekt analysiert er diese Mensch-Tier-Beziehung der besonderen Art.

"In unserer Forschung behandeln wir die Mensch-Tier-Beziehung wie eine richtige Sozialbeziehung", erklärt Kurt Kotrschal, Professor am Department für Neurobiologie und Kognitionsforschung der Universität Wien. Er ist Leiter des Projekts "Hund und Halter", das im Januar 2007 begann und das vom Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) gefördert wird: "Das Zusammenleben ist auch hier von Konflikten und Lösungen geprägt. Sowohl Tier als auch Mensch müssen sich immer wieder neu positionieren. Wir wollen herausfinden, inwieweit sich die jeweiligen Persönlichkeiten und ihre Verhaltensweisen gegenseitig beeinflussen."

Wolf und Mensch als Jagdgemeinschaft

Die Interaktion von Wolf und Mensch zählt zu den am längsten belegten Mensch-Tier-Beziehungen. So sind die ältesten gemeinsamen Funde von Menschen- und Wolfsknochen über 15.000 Jahre alt, molekulargenetische Daten zeigen allerdings, dass die Partnerschaft schon viel älter sein muss, nämlich etwa 100.000 Jahre. Die ältesten Zeichnungen, die Mensch und Hund gemeinsam auf der Jagd zeigen, sind 8.000 Jahre alt und stammen aus dem algerischen Tassili-Gebirge. Zum Vergleich: Das Schaf ist seit etwa 7.000 Jahren domestiziert.

"Der Hund wurde sicherlich nicht im klassischen Sinn domestiziert. Mensch und Hund durchliefen gemeinsam eine so genannte Ko-Evolution", stellt der Verhaltensforscher klar: "Ähnliche Lebensweise und soziale Organisation von Menschensippen und Wolfsrudeln führten offenbar zu dieser frühen Annäherung."

Hund als bester Freund

Gerade in den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis gewandelt: Aufgrund der generellen Entwicklung hin zur Kleinfamilie ist auch die Beziehung zum "besten Freund Hund" privater geworden, gerade im städtischen Bereich. "Für das Projekt haben wir deshalb Menschen ausgewählt, die eine typisch städtische Beziehung zu ihrem Hund haben", so Kotrschal.

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Das Team hat mittlerweile zehn Männer und zehn Frauen mit jeweils einem unkastrierten Rüden, der zwischen 18 Monate und sechs Jahre alt ist, ausgesucht. Die meisten der BesitzerInnen sind zudem Single oder leben zumindest alleine mit ihrem Hund, den sie schon seit Welpenalter kennen. "Uns ist es wichtig, dass es sich beim Mensch-Hund-Verhältnis um eine gewachsene Beziehung handelt", erklärt der Verhaltensforscher.

Brot und Spiele

Das Team um Kotrschal wird im Zuge von Hausbesuchen das Wesen und den Charakter von Hund und HalterIn genauestens analysieren. Bei den BesitzerInnen werden zuerst standardisierte Persönlichkeitstests durchgeführt und anschließend die Einstellung dem Hund gegenüber festgestellt. "Wird der Hund als 'Sportgerät', 'Fußabstreifer' oder als vollwertiger Sozialpartner gesehen?", fragt Kotrschal. Anschließend werden Hund und BesitzerIn in Interaktion beobachtet, etwa beim gemeinsamen Spaziergang oder bei der Nahrungszubereitung und dem -verzehr.

Auch spielerische Tests erzählen den ForscherInnen mehr über das Verhältnis. So besteht eine der Aufgaben darin, dem Tier innerhalb einer bestimmten Zeit einen Trick beizubringen. "Hier schauen wir, wie das Herrl agiert – herrisch oder sanft? – und gleichzeitig, wie der Hund darauf eingeht. Ist er eingeschüchtert, gestresst oder macht es ihm Spaß?" Den Stresshaushalt des Hundes können die ForscherInnen durch Speichelproben sehr genau bestimmen: Je mehr Cortisol (ein Stoffwechselhormon) sich im Speichel befindet, desto gestresster der Hund. Und das ist ein Indikator, ob die Beziehung in bestimmten Situationen generell von Stress geprägt ist.

Unterschiede zwischen "Frauchen“ und "Herrchen"

Auch das Geschlecht spielt in der Beziehung keine unwesentliche Rolle, sowohl beim Hund als auch bei den BesitzerInnen. "Wir untersuchen zu Beginn des Projekts zunächst nur Rüden und werden dabei auf Unterschiede achten, wie Frauen und Männer jeweils mit ihren Hunden umgehen und wie sich das wiederum auf das Verhalten der Hunde auswirkt", so Kotrschal: "Allgemein kann ich schon jetzt sagen, dass ein Hund für Männer oft das verlängerte Ego darstellt, während er von Frauen mehr als Sozialgefährte gesehen wird."

(Universität Wien, 08.02.2007 – NPO)

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