Bakterien verfügen über eine eigene Sprache: Sie kommunizieren, indem sie chemische Substanzen, so genannte Signalmoleküle, ausschütten. Jetzt haben Forscher herausgefunden, wie genau sich Kariesbakterien verständigen. Sie konnten dabei auch die Erbgutbestandteile in den Mikroben identifizieren, die durch das wichtigste Signalmolekül an- oder abgeschaltet werden.
Mithilfe von Signalmolekülen können sich Bakterien sogar über Artgrenzen hinweg „unterhalten“. Das Esperanto unter den Signalmolekülen trägt den Namen Autoinducer-2, kurz AI-2. Dieses gemeinsame Sprachmolekül ist vor allem dann wichtig, wenn sich bakterielle Gemeinschaften, die Biofilme, entwickeln: Ein Beispiel ist der Zahnplaque, den das Kariesbakterium Streptococcus mutans bildet. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) haben nun ermittelt, welche Gene im Bakterium durch das Signalmolekül AI-2 beeinflusst werden.
„Wir haben mit Bakterien gearbeitet, denen das entscheidende Gen für die Produktion von AI-2 fehlt. Sie sind nicht mehr in der Lage, das Signalmolekül selbst zu bilden. Diesen Mutanten haben wir dann chemisch synthetisiertes AI-2 zugegeben.“, erklärt Professorin Irene Wagner-Döbler, Leiterin der Arbeitsgruppe „Mikrobielle Kommunikation“ am HZI. Erst seit kurzem ist es möglich, das wertvolle Kommunikationsmolekül im Labor herzustellen. Diese Arbeiten wurden von Professor Stefan Schulz, Chemiker an der TU Braunschweig durchgeführt.
„Wenn wir nun die Aktivität aller Gene des Bakteriums mit einem Microarray messen, können wir erkennen, welche Gene in der Mutante direkt von AI-2 an- oder abgeschaltet werden.“, verdeutlicht Dr. Helena Sztajer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe, das Vorgehen.
59 Gene betroffen
„Wir haben 59 Gene gefunden, die durch Zugabe von AI-2 wieder in ihren aktiven Zustand zurückversetzt wurden“, so Wagner-Döbler. Hier handelt es sich um die Schaltstellen für die Kommunikation durch AI-2. Die Forscher haben es vor allem mit zwei Klassen von Genen zu tun: Erstens mit Regulatoren, die für das An- und Abschalten von Genen zuständig sind, und zweitens mit Transportproteinen, die AI-2 durch die Zellmembran aufnehmen. Die detaillierte Analyse dieser Proteine wird zeigen, was AI-2 der Bakterienzelle sagt, und wie.
Für die Präsentation dieser Ergebnisse auf dem Kongress der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie hat Szatjer die Auszeichnung „outstanding postdoctoral presentation“ erhalten. „Eine tolle Anerkennung für uns alle!“ freut sich die Forscherin. Und eine große Motivation, um die molekularen Mechanismen der AI-2 regulierten Proteine nun im Einzelnen aufzuklären.
(idw – Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 22.01.2008 – DLO)