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Paläontologie

Wie die Riesen-Dinosaurier entstanden

Gigantismus entwickelte sich in gleich 36 Linien der pflanzenfressenden Sauropoden

Sauropoden
Einige Vertreter der langhalsigen pflanzenfressende Sauropoden waren die größten Landtiere, die je auf der Erde gelebt haben. © MR1805/ Getty images

Konvergenter Riesenwuchs: Die pflanzenfressenden Langhalssaurier entwickelten ihren Gigantismus in gleich 36 verschiedenen Stammeslinien – deutlich mehr als gedacht. Unabhängig voneinander überschritten diese Dinosaurier die Schwelle zum Riesenwuchs, als der Superkontinent Pangäa auseinanderbrach. Dabei gab es jedoch trotz des gemeinsamen Grundbauplans kein einheitliches „Patentrezept“ für diese Größten unter den Großen, wie ein US-Paläontologe in „Current Biology“ berichtet.

Ob Titanosaurus, Brachiosaurus oder Dreadnoughtus: Einige Vertreter der Sauropoden wurden bis zu 30 Meter lang und rund 70 Tonnen schwer. Diese langhalsigen pflanzenfressenden Dinosaurier
waren damit die größten Landtiere, die je auf der Erde gelebt haben. Gängiger Annahme nach begünstigte ein Zusammentreffen mehrerer biologischer Merkmale die konvergente Entwicklung dieses Riesenwuchses in einigen Sauropodenlinien, darunter die Warmblütigkeit, eine hohe Wachstumsrate, leichte Knochen, Luftsäcke und ein kleiner Kopf.

Riesenwuchs
36 Stammeslinien der Sauropoden haben im Laufe ihrer Entwicklung Arten hervorgebracht, die schwerer wurden als die größten Säugetiere und anderen Tiergruppen an Land. © Scott Hartman, Nobu Tamura, Steven Traver.

36-mal unabhängig voneinander entwickelt

Doch auch viele nicht-gigantische Sauropoden besaßen ähnliche Merkmale. Warum wurden sie nicht auch zu Riesen? Wie weit verbreitet der Gigantismus bei den Sauropoden war und wann er sich entwickelte, enthüllt nun eine Analyse von Michael D’Emic von der Adelphi University in New York. Er hat dafür Messdaten von hunderten fossiler Sauropoden-Knochen zusammengetragen und sie mithilfe von statistischen und phylogenetischen Methoden neu ausgewertet. Dies ermöglichte es dem Paläontologen, die Körpermasse und Stammbaum-Position von fast 200 Sauropodenarten zu rekonstruieren.

Das Ergebnis: Im Laufe von rund 100 Millionen Jahren haben demnach gleich 36 verschiedene Sauropodenlinien unabhängig voneinander einen Riesenwuchs entwickelt. Sie alle überschritten eine Körpermasse von gut 20 Tonnen, die bei Säugetieren als die maximal erreichbare gilt. „Es wurde schon vorher angenommen, dass sich die außergewöhnliche Größe der Sauropoden in ihrer Evolution mehrfach unabhängig voneinander entwickelt hat“, sagt D’Emic. „Aber die neue Analyse belegt nun, dass dies weit häufiger geschah als gedacht.“

Zerbrechen von Pangäa als Anstoß?

Die Analysen enthüllten, dass sich das Körpergewicht der Riesen-Sauropoden früh in der Evolution der jeweiligen Linien entwickelte und danach weitgehend stabil blieb. Auch die Artbildung stockte nach Erreichen des Riesenwuchses: „Nur bei einer Handvoll der Sauropoden gab es nach Überschreiten der Säugetiere-Maximalschwelle noch eine Speziation“, berichtet D’Emic. Umgekehrt gab es nur sehr wenige Sauropoden-Linien, bei denen sich riesenhafte Formen wieder verkleinerten.

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Die meisten Sauropoden-Gruppen entwickelten die ersten riesenhaften Arten vor rund 165 bis 170 Millionen Jahren im mittleren Jura. „Diese Zeit ist charakterisiert durch das Zerbrechen des Kontinents Pangäa in einzelne Landmassen“, erklärt D’Emic. Die daraus resultierende räumliche Isolation der auf diesen Landmassen lebenden Sauropoden könnte die konvergente Evolution des Gigantismus bei einige Linien begünstigt haben.

Tatsächlich wurden Fossilien von Riesen-Sauropoden schon auf allen Kontinenten außer Indien und der Antarktis entdeckt. Der Paläontologe vermutet jedoch, dass es auch dort einst übergroße Langhals-Dinosaurier gab: „Beide Regionen sind vergleichsweise wenig erforscht, weshalb dort riesenhafte Arten noch auf ihre Entdeckung warten könnten“, so D’Emic.

Kein „Patentrezept“ für Gigantismus

Interessant auch: Die Sauropoden-Linien, die einen Gigantismus entwickelten, unterschieden sich untereinander deutlich. „Diese größten der Großen waren ökologisch verschieden, hatten jeweils anders geformte Zähne und Köpfe und auch ihre Körperproportionen waren unterschiedlich“, berichtet der Paläontologe. Seiner Ansicht gab es demnach trotz einiger übereinstimmender Merkmale und des gemeinsamen Grundbauplans kein einheitliches „Rezept“ für den Gigantismus.

„Obwohl andere Forscher die immense Größe der Sauropoden auf eine einzigartige Kombination von Merkmalen zurückführen, lässt sich kein einheitliches Merkmal oder Satz von Merkmalen finden, die nur die Riesen-Sauropoden besaßen und andere nicht“, sagt D’Emic. Er vermutet daher, dass der allgemeine Grundbauplan dieser Dinosaurier zwar die Grundlage für den Riesenwuchs schuf. Aber erst jeweils verschiedene Aspekte der Ökologie und der Lebensweise der einzelnen Stammeslinien erlaubten ihnen dann das Überschreiten der „Riesengrenze“. (Current Biology,2023; doi: 10.1016/j.cub.2023.02.067)

Quelle: Adelphi University

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