Nicht jedes Lachen ist gleich. Das kaum zu unterdrückende, herzhafte Lachen nach einem guten Witz oder in einer komischen Situation unterscheidet sich neurologisch und verhaltensbiologisch deutlich vom höflichen Lachen beispielsweise im Rahmen einer geschäftlichen Konversation oder einem hämischen Lachen. Ob beide Lachformen auch evolutionsbiologisch auf einen anderen Ursprung zurückgehen, haben jetzt Wissenschaftler untersucht.
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Die Biologen Matthew Gervais und David Sloan Wilson von der amerikanischen Binghamton University zogen empirische Daten aus verschiedenen Disziplinen heran, darunter Arbeiten zu Neuronen, evolutionärer Psychologie und der Selektionstheorie, um die Entwicklung des Lachens über die letztens sieben Millionen Jahre zurückzuverfolgen. Besonderes Augenmerk hatten sie dabei auf die Unterschiede zwischen dem unwillkürlichen, Stimulus-getriebenen Lachen und dem bewusst erzeugten, strategischen Lachen.
“Wir untersuchten das Lachen, das in der täglichen sozialen Interaktion als Reaktion auf banale Kommentare und in eigentlich humorfreier Konversation auftritt”, erklären die Forscher in ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Quarterly Review of Biology. „Die bisher unbeantwortete Frage ist, ob dieses Lachen dem humorvollen Lachen gleicht.“
Das Lachen, das zeigen zahlreiche Untersuchungen unter anderem an heutigen Menschenaffen, entstand wahrscheinlich vor zwei bis vier Millionen Jahren aus dem „Spielgesicht“ der Primaten. Es ist immer dann zu beobachten, wenn die Tiere in einer Periode relativer Sicherheit in Spiellaune sind und miteinander „Herumalbern“. Diese so genannte „nicht-ernste Inkongruenz“ gilt unter Evolutionsbiologen als Vorläufer des Humors, wie wir ihn kennen.
Doch die Studien zeigen auch, dass Lachen auch mehr sein kann als nur eine spontane Reaktion auf bestimmte „Humor-Reize“. Vor rund zwei Millionen Jahren entwickelten unsere Vorfahren die Fähigkeit, ihre Gesichtsmuskeln willkürlich und gezielt zu steuern. Als Folge konnten die Frühmenschen auch das zuvor unwillkürliche „Lachgesicht“ jetzt für eine Reihe neuer Funktionen einsetzen, wie die Forscher postulieren. Sie setzten es bewusst ein, um damit nicht mehr nur Freude auszudrücken, sondern bewusst auch negative Gefühle wie Herablassung zu vermitteln oder eine Peinlichkeit zu überspielen.
„Menschen können heute freiwillig das ‚Lachprogramm’ abrufen und es für ihre eigenen Zwecke einsetzen“, so Gervais. „Um beispielsweise in einer Konversation die Interaktion zu glätten, anderen zu schmeicheln und bei ihnen positive Reaktionen hervorzurufen, aber auch um Menschen auszulachen, die sie nicht mögen.“
(University of Chicago Press Journals, 23.11.2005 – NPO)