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Chemie

Warum Whisky verdünnt besser schmeckt

Zugabe von Wasser treibt Aromastoffe an die Oberfläche

Warum schmeckt Whisky mit Wasser verdünnt aromatischer? © Donfiore/ iStock.com

Echte Whisky-Kenner wissen: Mit ein bisschen Wasser verdünnt entfaltet sich das Aroma eines edlen Tropfens noch besser. Doch warum ist das so? Entscheidend ist offenbar, dass Aromastoffe wie Guajacol zunächst eng mit dem Ethanol im Whisky verbunden sind. Kommt mehr Wasser hinzu, lösen sich diese Verbindungen und die Aromastoffe steigen an die Oberfläche der Flüssigkeit. Dort kommen sie perfekt zur Geltung und verändern dadurch Geruch und Geschmack des Whiskys.

Whisky wird aus einem bierähnlichen Gebräu mit maximal neun Prozent Alkohol zu einem hochprozentigen Getränk destilliert, das dann mindestens drei Jahre lang in einem Holzfass heranreift, um sein charakteristisches Aroma zu entfalten. Neben Wasser und Alkohol enthält die Spirituose viele unterschiedliche organische Bestandteile – es sind diese Stoffe, die ihren Geschmack entscheidend prägen. Verantwortlich für das typisch rauchige Aroma schottischer Whiskys sind etwa Phenole, insbesondere der Pflanzenstoff Guajacol.

Interessanterweise scheint der Geschmack des Whiskys erst durch die Verdünnung mit Wasser perfekt zur Geltung zu kommen. Der „Ur-Whisky“ aus dem Fass wird daher von 70 Volumenprozent Alkohol auf rund 40 Prozent verdünnt, bevor er in die Flasche kommt. Echte Whisky-Kenner fügen vor dem Genuss der Spirituose außerdem oft ein paar Tropfen Wasser ins Glas hinzu, um das Aroma weiter zu optimieren. Warum die Zugabe von Wasser den Geschmack des Nationalgetränks von Schotten und Iren verbessert, war bisher allerdings unklar.

Starke Verbindung

Björn Karlsson und Ran Friedman von der Linné-Universität im schwedischen Kalmar sind dieser Frage nun auf den Grund gegangen. Mithilfe von Computersimulationen untersuchten sie, wie sich Wasser-Ethanol-Mischungen im Beisein des Aromastoffs Guajacol verhalten und wie die einzelnen Bestandteile miteinander interagieren.

Dabei fanden sie heraus, dass sich Guajacol in der Flüssigkeit bevorzugt mit Ethanol zusammenlagert. Zwar kann es sowohl zum Wasser als auch zum Alkohol Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Beim Ethanol kommt es darüber hinaus jedoch zu einer zusätzlichen Anziehung. Diese findet zwischen der kurzen Alkylkette des Alkohols und dem aromatischen Ring des Aromastoffs statt.

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Durch Verdünnung werden Aromastoffe wie Guajacol an die Oberfläche getrieben - dort kommen sie besonders gut zur Geltung. © Björn CG Karlsson

Richtung Oberfläche

In Mischungen mit einer hohen Alkoholkonzentration ist die Anziehung zwischen Guajacol und Ethanol besonders stark. Der Aromastoff wird dadurch sozusagen von dem Alkohol in der Lösung festgehalten. Wird der Whisky dagegen auf 45 bis 27 Volumenprozent Alkohol verdünnt, verliert das Guajacol mehr und mehr Kontakte zum Ethanol.

Es neigt nun dazu, sich in Richtung Oberfläche zu bewegen, wo es an der Schnittstelle zwischen Getränk und Luft nach und nach verdunsten und erheblich zum Geruchs- und Geschmackserlebnis beitragen kann. Wie die Forscher berichten, verfügen viele Aromastoffe über eine ähnliche Struktur wie das Guajacol und verhalten sich wahrscheinlich vergleichbar – zum Beispiel Vanillin, Ethylacetat und Limonen.

„Schmaler Grat“

Bei allem Streben nach Geschmacksverbesserung sollten Whisky-Liebhaber es allerdings auch nicht übertreiben. Denn der Whisky enthält durch das Verdünnen im Verhältnis nicht nur immer weniger Alkohol – auch die Konzentration des Aromastoffs nimmt ab. „Es ist ein schmaler Grat zwischen Whisky-Optimierung und Whisky-Desaster“, schreibt das Team. Welche Mischung die ideale sei, hänge dabei immer auch vom Whisky und den für ihn charakteristischen Aroma-Bestandteilen ab. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-06423-5)

(Nature, 18.08.2017 – DAL)

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