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Mikrobiologie

Warum Schnittsalat ein Keimparadies ist

Austretender Pflanzensaft wirkt wie ein Turbo für das Bakterienwachstum

Fertig geputzter und geschnittener Salat ist beliebt und bequem - aber ein wahres Paradies für Keime. © University of Leicester

Nicht lecker: Abgepackter, geschnittener Salat ist noch keimträchtiger als gedacht. Denn der aus den Schnittkanten austretende Pflanzensaft wirkt wie ein Turbo für das Bakterienwachstum, wie ein Experiment enthüllt. Sogar im Kühlschrank vermehren sich Salmonellen dadurch tausendfach schneller als auf intakten Blättern ohne Pflanzensaft. Hinzu kommt: Der Saft fördert die Bildung von Biofilmen – selbst gründliches Waschen hilft dann nicht mehr.

Sie sind in jedem Supermarkt zu kaufen und bequem in der Zubereitung: fertig geschnittene und geputzte Blattsalate. Auch Fastfood-Ketten und Fluggesellschaften nutzten solche Schnittsalate für ihre Mahlzeiten. Zwar gilt Salat allgemein als gesund, aber schon früher haben Studien belegt, dass solche abgepackten Schnippelsalate weniger haltbar sind und oft höher mit Keimen belastet sind.

Warum das so ist, haben nun Primrose Freestone von der University of Leicester und ihre Kollegen näher untersucht. Für ihre Studie kauften sie Proben gängiger Schnittsalate, darunter Rucola, Spinat und Mischsalat und zerrieben jeweils einige Blätter im Mörser. Den dabei austretenden Pflanzensaft sterilisierten sie und gaben winzige Mengen davon in Wasser oder auf Petrischalen mit Salmonellen und anderen Bakterien.

Rasantes Keimwachstum selbst im Kühlschrank

Das überraschende Ergebnis: Selbst winzigste Mengen Pflanzensaft reichten aus, um das Bakterienwachstum in den Kulturen massiv anzukurbeln. Der aus den Blättern von Spinat und Mischsalat austretende Saft erhöhte das Salmonellenwachstum um das 2.400-Fache, wie die Forscher berichten. Außerdem verdoppelte sich die Beweglichkeit der einzelnen Bakterien.

Verkeimter Abdruck eines Salatblatts auf einer Petrischale. © University of Leicester

Dieser Effekt trat sogar dann auf, wenn die Bakterienkulturen gekühlt wurden: „Schon wenige Mikroliter des Pflanzensafts ließen die Salmonellen trotz Kühlung weiterwachsen“, berichtet Freestone. Nach fünf Tagen im Kühlschrank hatten sich die anfangs 100 Salmonellen zu 100.000 Erregern vermehrt.

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Selbst Waschen hilft nichts

Ein weiterer unappetitlicher Effekt: Der beim geschnittenen Salat austretende Saft fördert die Bildung bakterieller Biofilme auf den Salatstückchen. Dabei bilden die Keime gemeinsame Schleimhüllen, mit denen sie besonders fest am Untergrund haften und zudem gegen chemische und biologische Mittel geschützt sind. Die Folge: „Die Keime haften so fest am Salat und an der Verpackung, dass selbst gründliches Waschen die Bakterien nicht mehr entfernen kann“, berichtet Freestone.

Ebenfalls beunruhigend: Im Versuch verliehen die austretenden Pflanzensäfte den Salmonellen eine erhöhte Virulenz: Der Saft verstärkte die Produktion von Proteinen in den Erregern, die diese ansteckender macht, wie die Forscher feststellten. Besonders stark waren diese Effekte bei Salmonellen, die mit Spinatsäften in Kontakt kamen. „Es scheint, als wenn dieser Erreger Spinat besonders mag“, so Freestone.

So untersuchten die Forscher, welchen Effekt austretender Pflanzensaft auf die Bakterien auf den Saltblättern hat.© University of Leicester

Sofort verbrauchen

„Das unterstreicht die Wichtigkeit strengster Hygieneregeln beim Ernten und Abpacken solcher Salate“, sagt Freestone. „Denn schon einige wenige Salmonellen können sich bis zum Verzehr des Salats zu vielen tausenden vermehren, selbst wenn der Salat gekühlt wird.“ In den letzten Jahren hat es in Europa bereits mehrfach Ausbrüche von Darmerkrankungen durch Salmonellen oder Escherichia coli auf Salat gegeben.

„Für Konsumenten bedeutet dies, dass sie Schnittsalat möglichst sofort verbrauchen sollten, nachdem die Tüte geöffnet ist“, sagt Freestone. „Denn wenn die Packung einmal geöffnet ist, vermehren sich die Keime noch schneller – selbst im Kühlschrank.“ (Applied and Environmental Microbiology, 2016)

(American Society for Microbiology, 22.11.2016 – NPO)

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