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Zoologie

Wachtelkämpfe: Besser unbeobachtet?

Ob mit oder ohne Zuschauer gekämpft wird, entscheidet über den sozialen Status des Verlierers

Dieses Expemplar sieht ganz friedlich aus: Wachteln kämpfen gern. Ob sich dabei allerdings ihr sozialer Status ändert, hängt davon ab, ob das soziale Umfeld zusieht oder nicht. © Guérin Nicolas / CC-by-sa 3.0

Besser es guckt keiner zu: Männliche dominante Wachteln behalten ihren sozialen Status auch, wenn sie einen Kampf verloren haben. Hat der Clan allerdings zugeschaut, wird es hinterher schwierig, sich weiter durchzusetzen. So wirkt sich die Anwesenheit des Publikums auch auf den Testosteron-Spiegel aus. Hat ein Männchen vor Publikum verloren, steigt dieser nicht. Hat der Hahn jedoch den Kampf ohne Zuschauer verloren, steigt sein Bluthormonspiegel genau wie beim Gewinner an. Für letzteren scheint Publikum grundsätzlich nicht von Bedeutung zu sein. Er verteidigt seine soziale Vormachtstellung rigoros, egal ob zugeschaut wurde oder nicht.

Kämpfe um Reviere und Paarungspartner sind bei Tieren weit verbreitet und werden meist von Männchen ausgefochten. Ein gewonnener Kampf erhöht dabei die Wahrscheinlichkeit, auch künftige Kämpfe zu gewinnen. Dies gilt umgekehrt auch für Niederlagen. Dabei spielt das Geschlechtshormon Testosteron, dessen Konzentration während eines Kampfes oft drastisch ansteigt, eine entscheidende Rolle. Jedoch können die soziale Umgebung und das Kampfumfeld den Einfluss des Testosterons auf die Dominanz beeinflussen. So ist zum Beispiel von Bedeutung, ob die Kontrahenten kampferfahren sind oder ob sie einander bereits zuvor begegnet sind.

Kampfhähne unter Beobachtung

Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen haben jetzt herausgefunden, dass zudem wesentlich ist, ob das Kampfgeschehen von Zuschauern aus der sozialen Gruppe der Vögel beobachtet wird oder nicht. Dazu testeten sie bei der Japanischen Wachtel, ob die Anwesenheit von Zuschauern das Verhalten und die Hormonwerte nach einem Kampf verändern und somit Einfluss auf den künftigen sozialen Status der Kämpfer haben. Die Wissenschaftler um Katharina Hirschenhauser hielten die Wachteln dazu in sozialen Gruppen, die aus je zwei Männchen – einem dominanten und einem untergeordneten – und drei Weibchen bestanden.

Die Ornithologen nutzten dabei aus, dass es bei den Wachteln unweigerlich zum Kampf kommt, wenn zwei dominante Männchen aufeinander treffen. Dabei dauert eine solche Auseinandersetzung im Schnitt sieben Minuten und 29 gegenseitige Attacken an. Trotz des ruppigen Umgangs kommt es jedoch nicht zu ernsthaften Verletzungen. Die so ausgefochtenen Kämpfe beobachteten die Forscher dann in einer Art „Kampfarena“. Dabei durften die Mitglieder der jeweiligen sozialen Gruppe in manchen Fällen den Kämpfen zuschauen, in anderen nicht.

Bei Kämpfen zwischen konkurrierenden Wachtel-Männchen beeinflussen die Zuschauer maßgeblich den zukünftigen Erfolg eines Kämpfers. © K. Hirschenhauser

Publikum entscheidet über sozialen Status

Das Ergebnis: Die Gewinner behielten ohne Ausnahme ihren Dominanzstatus bei, was die Wissenschaft als Sieger-Effekt bezeichnet. Die Verlierer hingegen wurden nach der Rückkehr in ihre soziale Gruppe häufig von allen Gruppenmitgliedern „verprügelt“ und verloren ihren Dominanzstatus an das jeweilige vormals untergeordnete Männchen der Gruppe. Bemerkenswert: Sahen die anderen Gruppenmitglieder dem Kampf nicht zu und bekamen daher auch nicht mit, dass der Chef verloren hatte, behielten auch die Verlierer ihren Dominanzstatus bei.

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Auch der Testosteronwert wurde durch die An- oder Abwesenheit der Gruppenmitglieder beeinflusst: Waren die Kampfhähne allein, erhöhte sich in Folge des Gerangels der Hormonspiegel sowohl beim Gewinner als auch beim Verlierer deutlich. Nach einem Kampf mit Zuschauern hingegen wiesen die Verlierer keine erhöhten Testosteronspiegel auf, während sich bei den Gewinnern ein ähnlich hoher Anstieg zeigte, wie bei Kämpfen ohne Zuschauer.

Testosteron entscheidet nicht alles

Welchen Einfluss tatsächlich die physiologischen Prozesse auf den sozialen Status der Tiere haben, untersuchten die Forscher in der Folge so: Nach einem Kampf vor Publikum wurde der Verlierer mit einer Testosteroncreme behandelt, die die Ornithologen unmittelbar nach dem Kampf auf die Haut des unterlegenen Männchens auftrugen. Tatsächlich wurde die Aggressionsbereitschaft der Tiere dadurch stark beeinflusst: Sie jagten den zuvor bereits untergeordneten Hahn der Gruppe und blieben so langfristig dominierend. Diese Beobachtung deutet auf einen starken hormonellen Einfluss auf den Sieger-Effekt hin, so die Biologen.

Doch die Wissenschaftler wollten es noch genauer wissen. Deshalb injizierten sie den Siegern direkt nach dem Kampf einen Testosteronblocker und beobachteten ihr Verhalten in ihrer sozialen Gruppe. Obwohl Testosteron bei diesen Hähnen zunächst keine Wirkung hatte, konnten die Gewinner ihre Position behaupten. „Es ist vor allem die öffentliche Information für die zukünftigen Chancen des Verlierers ausschlaggebend. Dem Sieger ist sowohl Testosteron als auch das Publikum egal, er scheint allein aus der Erfahrung seinen „Siegerblick“ zu tragen. Jedenfalls gab es hier keinen kausalen Zusammenhang zwischen Testosteron und dem Gewinner-Effekt“, fasst Katharina Hirschenhauser, Erstautorin der Studie zusammen. Im nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, wie sich die Kämpfer verhalten, wenn sie die Zuschauer nicht wahrnehmen können, diese jedoch die Kämpfer beobachten könnten, die Information also nur in eine Richtung fließt.

(Max-Planck-Gesellschaft, 08.04.2013 – KBE)

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