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Biotechnologie

Vitamin D macht Fresszellen müde

Neu entdeckter Mechanismus hält Entzündungen unter Kontrolle

Infizierte Listerien © GBF

Wenn die Fresszellen des Immunsystems besonders eifrig werden, beginnen sie einen Hemmstoff zu produzieren, der auf sie selbst wirkt und ihre Aktivität wieder dämpft. Das haben Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig jetzt gemeinsam mit Kollegen in Hannover und Münster herausgefunden. Der Hemmstoff ist für Forscher und Ärzte ein „alter Bekannter“: Das Vitamin D3, früher vor allem für seine Rolle beim Knochenaufbau bekannt.

Fresszellen oder Makrophagen sind im Immunsystem gleichsam die Kampftruppe fürs Grobe. Sie patrouillieren durch Blutbahn und Lymphgewebe und verleiben sich alles ein, was sie nicht kennen – ob Bakterien, Zerfallsprodukte oder Schmutzpartikel. Die Trümmer dessen, was sie gefunden haben, bringen sie dann zu anderen spezialisierten Immunzellen, die sie genauer untersuchen und feststellen, ob dem Organismus Gefahr droht.

Ist das der Fall, so setzt der Körper Interferon-gamma frei – ein chemisches Alarmsignal, das die Makrophagen erst so richtig „scharf“ macht. Sie sammeln sich jetzt am Ort der Bedrohung und setzen das ganze Arsenal ihrer biochemischen Waffen gegen die Fremdkörper ein. Dazu gehört etwa ätzendes Peroxid, mit Hilfe dessen sie aufgefressene Eindringlinge verdauen und damit unschädlich machen. Das jeweilige Organ oder Gewebe, in dem die Abwehr-Zellen jetzt wimmeln, bezeichnet der Arzt als „entzündet“.

Selbstkontrolle des Immunsystems

Doch schon während sie in den Kampf ziehen – das stellten die Braunschweiger Forscher jetzt fest – schütten die Makrophagen Vitamin D3 aus. Das zügelt sie nach einer Weile wieder und lässt ihre Aggressivität abklingen. Der mögliche Sinn dieses Mechanismus: „Es handelt sich wahrscheinlich um eine Selbstkontrolle des Immunsystems“, erklärt Laura Helming, die in ihrer Doktorarbeit an der GBF den neuen Mechanismus entdeckt hat, in der Fachzeitschrift Blood. „Damit sollen Entzündungsreaktionen eingedämmt werden, bevor sie überschießen und zu extrem verlaufen.“

Dann nämlich könnten sie dem Körper sogar gefährlicher werden als der Erreger selbst: Ungehemmt wütende Makrophagen verursachen schwere Schäden, schlimmstenfalls sogar das Absterben von Körpergewebe. Deshalb sorgt die eingebaute Vitamin D3-Bremse dafür, dass die körpereigenen Krieger bald wieder müde werden.

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Projektleiter Andreas Lengeling kann sich gut vorstellen, dass diese Erkenntnisse einmal medizinisch nutzbar gemacht werden: „Wenn man diese Mechanismen versteht, kann man neue Ansätze für die Therapie von schweren Entzündungen entwickeln.“

(GBF, 29.08.2005 – DLO)

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