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Biotechnologie

Unheilbare Augenkrankheit mittels Gentherapie geheilt

Ersatzgen für defekten Ionenkanal durch Virenpartikel eingeschleust

Mittels Gentherapie ist es Forschern erstmals gelungen, eine bisher unheilbare, angeborene Augenkrankheit, die Achromatopsie, bei Mäusen zu heilen. Sie schleusten das Gen für einen defekten Ionenkanal erfolgreich in das Erdgut der Tiere ein und konnten so deren Sehfähigkeit wieder herstellen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Molecular Therapy“ berichten, ließ sich auch der Kranheitsverlauf bremsen. Ob diese Therapie auch auf den Menschen übertragbar ist, muss nun getestet werden.

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Die Netzhaut des Auges enthält zwei Arten von Lichtrezeptoren: Die besonders lichtempfindlichen Stäbchen können keine Farben unterscheiden, erlauben aber das Sehen im Dämmerlicht und in der Dunkelheit. Die Zapfen dagegen ermöglichen das Farbsehen sowie das scharfe Sehen bei Tageslicht. Von ihnen gibt es drei Typen mit unterschiedlicher Empfindlichkeit für verschiedene Wellenlängen des

Lichts. Menschen mit Achromatopsie besitzen von Geburt an keine funktionsfähigen Zapfen. Sie können daher nur Graustufen unterscheiden, sehen extrem unscharf und sind überempfindlich gegenüber hellem Licht. Im Laufe ihres Lebens kommt es zu einer fortschreitenden Degeneration der Netzhaut.

Ionenkanal defekt

Die Krankheit wird in der überwiegenden Mehrheit der Fälle durch Mutationen im CNGA3-Gen oder CNGB3-Gen ausgelöst. Die genetischen Veränderungen führen zum Defekt eines Ionenkanals, der für die Funktion der Zapfen von essentieller Bedeutung ist. Nun ist es einem Forscherteam um Professor Martin Biel von der LMU München und Professor Mathias Seeliger vom Universitätsklinikum Tübingen

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gelungen, diesen fehlenden Ionenkanal in den Zapfen der Netzhaut im Tiermodell für Achromatopsie gentechnisch zu ersetzen. Mit Erfolg: Die Mäuse erlangten ihre Sehfähigkeit wieder. Ebenfalls beteiligt war die Arbeitsgruppe von Tim Gollisch, Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei

München.

Virenpartike als Genfähren eingesetzt

Im Versuch schleusten die Forscher mit Hilfe von Viruspartikeln eine korrekte Kopie als Ersatz für den defekten DNA-Abschnitt in die Zielzellen. „In unserem Tiermodell fehlte der Ionenkanal CNGA3“, berichtet Biel. „Unsere Arbeitsgruppe in München hat spezifische virale Vektoren entwickelt. Mit diesen rAAV wurden die Mäuse mit dem CNGA3-Defekt dann in Tübingen behandelt.“ Erstmals konnte

auf diesem Weg mit CNGA3 ein großer Membran-Protein-Komplex in den Zapfen der Netzhaut exprimiert werden. In funktionellen Studien konnten die Forscher zudem zeigen, dass die Lichtrezeptoren der therapierten Tiere wieder auf Lichtreize reagieren und diese Information an nachgeschaltete Zellen des Sehsystems weitergeben.

Sehfähigkeit wiedergestellt, Krankheit gebremst

„Diese Photorezeptoren waren von Geburt an funktionslos“, sagt Biel. „Es hat uns sehr gefreut, dass sie dank unserer Therapie zum ersten Mal normal auf Licht reagierten und damit den Tieren das Sehen ermöglichten. “ Doch die Behandlung zeigte einen weiteren positivenEffekt: Das Absterben der Zapfen und die Degeneration der Netzhaut wurden deutlich verlangsamt. „Dieser Aspekt ist für uns natürlich von besonderer Bedeutung“, ergänzt Seeliger. „Unsere Ergebnisse lassen hoffen, derartige Gentherapieansätze in Zukunft einem eine Möglichkeit zur Vorbeugung und Behandlung genetischer Blindheit sein werden.“

Dafür spricht auch, dass das in München entwickelte Mausmodell bereits in einer weiteren erfolgreichen Kooperation eingesetzt wurde. „Im Moment ist es noch zu früh, um zu beurteilen, wie wirksam solche Behandlungsansätze beim Menschen sein können“, so Biel. „Unsere Ergebnisse lassen aber auf neue Optionen zur Vorbeugung und Behandlung genetisch bedingter Blindheit hoffen.“

(Universität München, 19.07.2010 – NPO)

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