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Biotechnologie

„Turbo“ für Kunststoff-erzeugendes Bakterium

Computermodell zeigt Engpässe im Stoffwechsel

Pseudomonas aeruginosa, ein Verwandter von P. putida © CDC

Die Erzeugung von natürlichen Kunstoffen durch gentechnisch veränderte Bakterien könnte in Zukunft gezielt gesteigert werden. Mithilfe von Computermodellen berechneten Wissenschaftler die genetischen Veränderungen, die notwendig sind, um die Produktion von Biokunststoffen in dem Bakterium Pseudomonas putida zu erhöhen.

Pseudomonaden sind Bakterien, die überall in unserer Umgebung vorkommen. Ihr wandelbarer und flexibler Stoffwechsel ermöglicht es ihnen, in unterschiedlichen Lebensräumen im Wasser, im Boden, an Pflanzen und in Tieren zu leben. Unter den Pseudomonaden gibt es Vertreter, die sich in der

Biotechnologie einsetzen lassen. Dazu gehört Pseudomonas putida: Die Mikrobe produziert Chemikalien, pharmazeutische Produkte, baut Abfall- und Giftstoffe ab. Außerdem spielt sie eine wichtige Rolle bei der Herstellung hochwertiger Substanzen für die Industrie.

Biokunststoff als Beispiel

Forscher um Vitor Martins dos Santos am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig suchten jetzt in einer Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe der amerikanischen Virginia University nach Möglichkeiten, die Produktion von Naturstoffen in diesem Bakterium zu erhöhen. Sie wählten dazu die chemische Verbindung Polyhydroxybuttersäure (PHB): Sie gehört zu den wichtigen Biokunststoffen, die in Zukunft eine große Rolle in der Medizin und Industrie spielen könnten. Aus ihnen entstehen Nahtmaterialien, Schrauben, Kleber oder Implantate, die sich nach der Operation auflösen oder biologisch abbaubare, ökologische Verpackungen.

Die Wissenschaftler entwickelten ein mathematisches Modell am Computer, das zeigte, wo es „klemmt“ und wie die Ausbeute von PHB in Pseudomonas putida erhöht werden kann. „Wenn man das Genom eines Organismus sequenziert, weiß man häufig nicht, was die einzelnen Gene bedeuten und wie ihr Zusammenspiel funktioniert“, erklärt Martins dos Santos. Basierend auf Computermodellen und dem Wissen aus Datenbanken bauten die Forscher ein Netzwerk der einzelnen Gene und Stoffwechselprozesse in P. putida auf.

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Modell zeigt Engpässe im System

„Das Ganze ähnelt einer Landkarte mit Städten und Autobahnen“, so Jacek Puchalka, Mitarbeiter in Martins dos Santos‘ Arbeitsgruppe. „Auf manchen Straßen ist viel Verkehr, andere dagegen sind ganz ruhig. Manche Straßen sind gesperrt und dann gibt es Umleitungen. Genauso verhalten sich die Stoffwechselwege in P. putida.“ Die Forscher nutzten die Fähigkeit von Bakterien, ihre Stoffwechselwege umleiten zu können, wenn durch Mutationen ein Weg gestört ist.

Das Computermodell zeigte, welche Wege in P. putida verändert sein müssen, um die Ausbeute von PHB zu erhöhen. Für die Industrie ist dies wichtig: Zurzeit ist die Produktion von PHB noch sehr aufwändig und gegen die ölbasierten Kunstoffen wirtschaftlich nicht vertretbar. „In Zukunft wird es möglich sein, Biokunststoffe in großen Mengen günstig herzustellen. Und wenn wir unseren Teil dazu beigetragen haben, dann freut uns das besonders“, sagt Puchalka.

(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 03.11.2008 – NPO)

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