Anzeige
Paläontologie

Transsilvanischer Zwergsaurier entdeckt

70 Millionen Jahre altes Fossil gibt Aufschluss über Leben im Europa der Kreidezeit

Transylvanosaurus
Transylvanosaurus (vorne rechts) teilte sich seinen kreidezeitlichen Lebensraum vermutlich mit Schildkröten, Krokodilen, riesigen Flugsauriern und anderen Zwerg-Dinosauriern. © Peter Nickolaus

Kleiner Inselbewohner: Forschende haben im Westen Rumäniens eine bislang unbekannte Dinosaurier-Art entdeckt. Der Transylvanosaurus platycephalus getaufte Pflanzenfresser lebte vor etwa 70 Millionen Jahren auf einer Insel des kreidezeitlichen Europas. Er wurde nur ungefähr zwei Meter lang und lief auf zwei Beinen. Seine nächsten Verwandten lebten allerdings weit entfernt im heutigen Frankreich. Wie die neuentdeckte Art auf den Balkan kam, ist noch unklar.

In der Kreidezeit vor 145 bis 66 Millionen Jahren war Europa noch ein tropischer Archipel. Um diese Inselwelt zu besiedeln, mussten Dinosaurier aus anderen Erdteilen erst Wasserbarrieren überwinden. Viele Arten, darunter Vertreter der Ceratopsia und der Entenschnabel-Dinosaurier, ließen sich davon aber nicht abhalten, wie Fossilfunde belegen. Allerdings legen einige dieser Funde nahe, dass viele „europäische“ Dinosaurier damals aus Mangel an Platz und Nahrung eine Inselverzwergung entwickelten, sie waren deutlich kleiner als ihre Verwandten auf größeren Landmassen.

Schädelknochen
Von Transylvanosaurus sind nur wenige Schädelknochen erhalten. © Dylan Bastiaans

Transsilvanischer Breitkopf

„Vermutlich führte ein begrenztes Nahrungsangebot im damaligen Europa zu einer angepassten Statur“, erklärt Felix Augustin von der Universität Tübingen. Zusammen mit seinem Team hat Augustin nun der Liste der europäischen Zwergsaurier eine weitere Spezies hinzugefügt: den Transylvanosaurus platycephalus. Der Name dieser neuentdeckten, vor rund 70 Millionen Jahren lebenden Art bedeutet so viel wie „breitköpfiges Reptil aus Transsylvanien“.

Die Fossilien dieses Dinosauriers stammen aus einem Flussbett des Haţeg Beckens im rumänischen Transsilvanien. Das Becken gilt als einer der wichtigsten Fundorte für kreidezeitliche Dinosaurier in Europa. Paläontologen haben dort bereits Fossilien von zehn verschiedenen Arten entdeckt. Von dem nun gefundenen Exemplar sind nur wenige Knochen erhalten, darunter der hintere, untere Teil des Schädels und zwei Stücke des Stirnbeins. „Auf den Innenseiten der Stirnknochen waren sogar noch die Konturen des Gehirns von Transylvanosaurus zu erkennen“, so Augustins Kollege Dylan Bastiaans von der Universität Zürich.

„Französische“ Verwandte

Aus der geringen Größe der fossilen Knochen – keiner ist länger als zwölf Zentimeter – schließen die Paläontologen, dass der Transylvanosaurus platycephalus nur rund zwei Meter lang war. Auch er gehört damit zu den Zwergsaurier des europäischen Archipels. Seine Merkmale legen zudem nahe, dass dieser Dinosaurier ein Rhabdodontide war, einer der zweibeinig laufenden Pflanzenfresser, die im damaligen Europa besonders häufig vorkamen. Sie zeichneten sich unter anderem durch ihre spatenförmigen Zähne aus.

Anzeige

Obwohl auch schon andere Rhabdodontiden-Arten im rumänischen Haţeg Becken gefunden wurden, lebten die nächsten Verwandten des Transylvanosaurus weit weg: Phylogenetische Analysen ergaben, dass die in Südfrankreich entdeckte Spezies Rhabdodon der neuen Art im Stammbaum am nächsten steht. Diese Erkenntnis überraschte die Paläontologen: Wie war das Tier auf die transsilvanische „Zwergeninsel“ gelangt?

Reise auf die Insel

Augustin und seine Kollegen vermuten, dass einige Rhabdodontiden-Arten, darunter auch die Vorfahren des Transylvanosaurus, sich von West- nach Osteuropa ausgebreitet haben könnten. Von dort hätte der kleine Dinosaurier die Insel entweder über eine der damals vorübergehend bestehenden Landbrücken oder schwimmend erreichen können.

Wie viele Dinosaurier konnte auch der Transylvanosaurus wahrscheinlich schwimmen: „Sie hatten kräftige Beine und einen kräftigen Schwanz. Die meisten Tierarten, insbesondere Reptilien, können von Geburt an schwimmen“, erklärt Augustin. Denkbar wäre allerdings auch, dass sich verschiedene Linien der Rhabdodontiden unabhängig voneinander in Ost- und Westeuropa entwickelt haben.

Unabhängig davon, wie der Pflanzenfresser auf die Insel gelangt ist, bietet er den Paläontologen wichtige Einblicke in das Leben der europäischen Dinosaurier kurz vor ihrem Aussterben vor 66 Millionen Jahren. „Mit jeder neu entdeckten Art löst sich die weit verbreitete Annahme weiter auf, die Fauna in der Kreidezeit in Europa sei artenarm gewesen“, so Augustin. (Journal of Vertebrate Paleontology, 2022, doi: 10.1080/02724634.2022.2133610

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Gezüchtete Diamanten

Erste Diamanten unter Normaldruck erzeugt

Neuer Stammbaum für die Blütenpflanzen

Könnte dieses Riesenvirus zum Heilmittel werden?

Wie lebten die Awaren?

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Saurier - Ammoniten - Riesenfarne - Deutschland in der Kreidezeit von Harald Polenz und Christian Späth

Auf der Spur der Drachen - China und das Geheimnis der gefiederten Dinosaurier von Mark Norell

Top-Clicks der Woche