Der Zellkern ist gut bewacht, längst nicht jedes Molekül erhält hier Zutritt. Wie Makromoleküle die Barriere dennoch passieren können, haben jetzt Schweizer Wissenschaftler aufgeklärt. Wie sie in der Online-Ausgabe von „Science“ berichten, spielen Tentakel-bewehrte „Torwächter“ dabei eine entscheidende Rolle.
In jeder tierischen oder menschlichen Zelle herrscht ein stetiger Austausch von Molekülen zwischen Zellkern und Zellplasma. Der Transport der verschiedenen Substanzen geschieht über Schleusen in der Kernmembran, die den Zellkern umgibt und ihn vom Zellplasma trennt. Diese Schleusen, auch Kernporenkomplexe genannt, bestehen aus etwa dreissig verschiedenen Eiweissen (Nukleoporine), die symmetrisch um eine zentrale Pore angeordnet sind. In früheren Untersuchungen konnte das Forscherteam um Roderick Lim, Birthe Fahrenkrog und Profesoor
Ueli Aebi vom Biozentrum der Universität Basel bereits zeigen, dass diese Proteine ungefaltet wie Tentakel aus der Pore ragen und eine pilzkopfartige Barriere für grössere Moleküle bilden.
Tentakel ziehen Molekül ins Innere
Jetzt haben die Wissenschaftler anhand von rasterkraftmikroskopischen in vitro Messungen gezeigt, wie größere Moleküle aktiv durch die Kernporenkomplexe gelangen. Die Cargomoleküle müssen sich zunächst mit bestimmten Transportrezeptoren (Karyopherin-beta1) verbinden. Bei der Passage durch die Pore binden diese Transportrezeptoren dann an die „Tentakelproteine“, die Torwächter der Pore.
Ausgelöst durch diese Bindung kollabieren die Tentakel und ziehen damit den gebunden Transportrezeptor zusammen mit dem Cargomoleküle ins Innere und schliesslich durch die Pore. Ein weiteres Protein im Kern (RanGTP) kehrt diesen Prozess wieder um: die Bindung der Transportrezeptoren mit den Tentakeleiweissen wird gelöst, das Cargomoleküle wird im Kern frei gesetzt, die Tentakeleiweisse strecken sich und die pilzkopfartige Barriere kann wieder Moleküle am Eintritt in die Pore hindern.
Die Prozesse, die beim Transport durch die Kernmembran in und aus dem Kern ablaufen, spielen sich in Größenordnungen von Nanometern ab. Daher untersuchen die Wissenschaftler die Vorgänge auch rasterkraftmikroskopisch im Nanometermaßstab. Sie haben diese Erkenntnisse jedoch auch mit in situ Beobachtungen an Oozyten untermauert und damit den selektiven Transport von Molekülen durch die Kernmembran weitestgehend aufgeklärt.
(Universität Basel, 12.10.2007 – NPO)