Reis ernährt weltweit mehr Menschen als jede andere Kulturpflanze. Erkrankungen der Reispflanzen durch Schimmelpilze können jedoch erhebliche Schäden in der Landwirtschaft verursachen. In allen bislang bekannten Fällen sind es die Pilze selbst, die Substanzen produzieren, welche die Pflanzen schwächen oder abtöten. Forscher haben nun jedoch eine Reiskrankheit entdeckt, bei der Pilz zur Produktion des Pflanzengiftes Bakterien zu Hilfe „ruft“.
Wie die beiden Jenaer Wissenschaftler Christian Hertweck und Laila Partida-Martinez vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie herausfanden, beherbergt der Pilz Rhizopus microsporus, der die Wurzeln junger Reispflanzen befällt und dort für die Reiskeimlingsfäule sorgt, eine neue Bakterienart. Durch eine Reihe von Versuchen konnten sie eindeutig beweisen, dass diese Bakterien das Pflanzengift Rhizoxin bilden, und nicht der Pilz, wie man bisher angenommen hatte.
Teamarbeit verschafft Nährstoffe
Das Zusammenleben zweier Organismen, das man als Symbiose bezeichnet, ist ein in der Natur weit verbreitetes Phänomen. Hertweck und Partida-Martinez beschreiben jetzt den ersten Fall, in dem Pilz und Bakterium ein Team bilden, um an die Nährstoffe aus der Reispflanze zu gelangen. Durch Zugabe eines Antibiotikums gelang es den Forschern, die im Pilz lebenden Bakterien abzutöten. Der Pilz verlor dadurch seine Gefährlichkeit. Für die Bekämpfung der Reiskeimlingskrankheit könnte dieses Resultat ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
Außerdem konnten die Jenaer Wissenschaftler die Bakterien aus dem Pilz isolieren und sie im Labor kultivieren. Krebsforscher, denen das Pflanzengift seit langer Zeit bekannt ist, könnten möglicherweise von dieser Entdeckung profitieren. Das von den Bakterien gebildete Rhizoxin entfaltet seine schädigende Wirkung nämlich dadurch, dass es die Zellteilung der Wurzelzellen blockiert. Diesen Effekt zeigt die Substanz auch bei menschlichen Krebszellen, deren Wachstum und Vermehrung durch Rhizoxin gehemmt wird.
Aufgrund von Nebenwirkungen konnte Rhizoxin aber noch nicht als Medikament weiter entwickelt werden. Die Ergebnisse der Jenaer Forscher leisten einen Beitrag dazu, auf biotechnologischem Wege vielleicht einen besseren Wirkstoff herstellen zu können.
Durchbruch in der Grundlagenforschung
Vor allen Dingen sind die Arbeiten jedoch ein Durchbruch in der Grundlagenforschung. Zum ersten Mal besteht die Möglichkeit, eine faszinierende Symbiose von Bakterien und Pilzen zu studieren, die für Pflanzen eine tödliche Wirkung haben kann.
Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
(idw – Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie, 07.10.2005 – DLO)