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Medizin

Stress und Kortison können HIV-Schub auslösen

Schutzmechanismus bei ruhenden Blutzellen durch Steroide unterbunden

HI-Viren knospen aus einer befallenen Wirtszelle © Roche

Wissenschaftler haben entdeckt, warum ruhende Blutzellen weniger empfänglich für das Aids-Virus sind als aktive: Eine Art zellulärer Schalter blockiert eine Vermehrung des HI-Virus. Doch Stresshormone und Kortison können diese Blockade aufheben und damit einen Vermehrungsschub der Viren auslösen. Diese für die Behandlung von HI-Infizierten wichtige Erkenntnis ist nun im Fachjournal „Virology“ erschienen.

Ruhende und nicht ausgereifte Vorläufer-Blutzellen sind weniger empfänglich für HIV als aktivierte und ausgereifte Blutzellen. Warum das so ist, war bisher allerdings nicht geklärt. Beide Zelltypen nehmen das Virus über den HIV-Rezeptor in die Zelle auf. In beiden Zelltypen wird das Erbgut des Virus in einem ersten Schritt so übersetzt, dass es als DNA-Struktur, HI-Provirus genannt, in das Erbgut der Zelle integriert werden könnte. Danach aber laufen in beiden Zelltypen unterschiedliche Programme ab.

Blockade schützt ruhende Blutzellen

In aktivierten Blutzellen wird das HI-Provirus in den Zellkern transportiert und dort in das Zellgenom eingebaut: eine Zeitbombe beginnt zu ticken, denn dieses eingebaute virale Erbgut kann jederzeit zur Bildung von neuen HI-Viren abgerufen werden. In ruhenden Blutzellen haben Wissenschaftler des Heinrich-Pette-Instituts (HPI) in Hamburg jedoch nun eine Blockade entdeckt: Die HI-Proviren bleiben in einem Komplex im Zytoplasma der Zelle, sie wandern nicht in den Zellkern und werden im Gegenteil sogar innerhalb der nächsten Stunden abgebaut. Die Zelle ist also geschützt, sie kann keine neuen HI-Viren produzieren.

„Wir konnten diese frühe Blockade überwinden, indem wir den Glucocorticoidrezeptor (GR) mit dem künstlichen Steroid Dexamethason aktivierten. Das funktionierte sowohl in ruhenden nicht ausgereiften Blutzellen als auch in Zelllinien, die wir getestet haben“, erklärt Klaus Wiegers. Der Schalter wird quasi umgelegt. Die Folge: Das HI-Provirus gelangt nun mit dem aktivierten Rezeptor in den Zellkern und das virale Erbgut wird in das Genom der infizierten Blutzelle integriert. So ist eine Vermehrung von HIV-1 ist auch in ruhenden Blutzellen möglich.

Stress und Kortison machen Blutzellen empfänglicher

Die Forscher stellten fest, dass hierfür außer dem Glucocorticoidrezeptor auch das virale Protein VPR notwendig ist. „Wir haben erstmals gezeigt, dass Steroide, und das gilt eben auch für Kortison, diese Blockade in ruhenden Blutzellen aufheben können“, erklärt Wolfgang Bohn. „Das heißt, unter Stress und unter einer Therapie mit Steroiden kann sich die Anzahl der Blutzellen erhöhen, die für eine produktive HIV-Infektion empfänglich sind.“

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(Heinrich-Pette-Institut, Universität Hamburg, 06.03.2008 – NPO)

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