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Paläontologie

Streit um den T. rex

Neue Studie widerspricht kürzlich postulierten drei Arten des Tyrannosaurus

Tyrannosaurus
Diese Rekonstruktion des Tyrannosaurus rex gilt als eine der wissenschaftlich treffendsten. Strittig ist jedoch, ob es neben dem T. rex noch zwei andere Tyrannosaurus-Arten gab. © D. Finnin/ AMNH

Eine oder drei Spezies? Der berühmteste Dinosaurier der Kreidezeit sorgt für Streit. Nachdem Paläontologen im März 2022 beim Tyrannosaurus drei verschiedene Arten erkannt haben wollten, gibt es nun Widerspruch. Ein anderes Team hat die Fossildaten und statistischen Methoden überprüft und kommt zum gegenteiligen Schluss. Ihrer Ansicht nach ist der T. rex nach wie vor der einzige „König der Raubsaurier“.

Der Tyrannosaurus rex war der Top-Prädator der späten Kreidezeit. Lange Zeit galt er zudem als einzige Spezies seiner Gattung – als unangefochtener „König“ der Raubdinosaurier. Doch im März 2022 kam ein Team um den US-Paläontologen Gregory Paul zu dem Schluss, dass es damals drei Arten von Tyrannosauriern gegeben haben könnte: Aus dem Tyrannosaurus imperator entwickelte sich demnach einerseits der T. rex, andererseits die grazilere Art T. regina.

Merkmale und Methodik auf dem Prüfstand

Doch jetzt gibt es Widerspruch: Paläontologen um Thomas Carr vom Carthage College in Wisconsin haben die Fossildaten und die für die Artaufteilung verwendeten statistischen Methoden noch einmal überprüft – und kommen zu einem ganz anderen Ergebnis. „Im Prinzip stimmen wir Paul und seinen Kollegen zu, dass es gute Gründe gibt, zu hinterfragen, ob T. rex nicht in Wirklichkeit mehrere Spezies umfassen könnte“, erklären die Forscher. „Die Frage ist aber, ob sie diesen Fall ausreichend belegt haben.“

Gerade bei einer so ikonischen und wichtigen Art wie dem Tyrannosaurus seien eindeutige Belege besonders wichtig. Doch genau diese zweifeln die Forscher nun an, nachdem sie alle Argumente noch einmal genau überprüft haben. „Das Drei-Spezies-Modell ist so schwach definiert, dass viele ausgezeichnet erhaltene Exemplare fossiler Tyrannosaurier nicht zugeordnet werden können“, sagt Carr. „Das ist ein deutliches Warnzeichen, dass eine Hypothese möglicherweise nicht zur Realität passt.“

Statistik mit Zirkelschluss

Konkret kritisieren Carr und sein Team unter anderem die Verwendung von ungeeigneten statistischen Methoden: Beim sogenannten Fuzzy-C-Mittel und K-Mittel wird im Vorhinein schon definiert, wie viele Klassen man am Ende haben möchte und die Algorithmen ordnen dann die Merkmale entsprechend zu. „Das aber bedeutet, dass diese Methoden immer die Zahl an Clustern finden werden, die man erwartet“, erklären die Wissenschaftler. Das sei legitim, wenn man beispielsweise eine große Zahl an Exemplaren bereits bekannten Arten zuordnen möchte.

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Aber in diesem Fall seien diese Methoden ungeeignet, weil die Zahl der Spezies eben nicht feststehe. „Im besten Falle macht ihr Einsatz diese Analyse zum Zirkelschluss, schlimmstenfalls erzeugen sie ein falsches Signal“, sagen Carr und sein Team. Sie haben stattdessen das Agglomerative Hierarchische Clustering eingesetzt. Dieses Verfahren prüft ohne Vorannahmen, ob sich die Merkmale in mehrere Gruppen klassifizieren lassen und in wie viele.

Die Paläontologen nutzten diese statistische Analysemethode, um die postulierten Kernmerkmale für die Artaufteilung des Tyrannosaurus zu überprüfen: Die Dicke und Länge des Oberschenkelknochens, die Zahl der Eckzähne und die Größen der Zahnbasis.

Ein Cluster statt drei

Das Ergebnis: „Jeder Satz von Merkmalen und ihren Variationen lässt sich durch nur ein Cluster erklären“, konstatieren Carr und sein Team. Die anatomischen Unterschiede reichen ihrer Einschätzung nach damit nicht aus, um die bisher bekannten Tyrannosaurus-Fossilien auf drei Arten aufzuteilen. „Es stimmt zwar, dass sich die Fossilien in Form und Größe etwas unterscheiden“, sagt Koautor Steve Brusatte von der University of Edinburgh. „Aber diese Variation ist gering und taugt nicht dazu, die Fossilien in leicht zu definierende Gruppen einzuteilen.“

Als zusätzliche Kontrolle haben die Paläontologen ihre Analyse auch auf die engsten noch lebenden Verwandten der Dinosaurier angewendet – die Vögel. Dabei zeigte sich, dass viele Vogelarten eine größere innerartliche Variation aufweisen als der Tyrannosaurus. „Die Variationsbreite bei T. rex ist demnach keineswegs außergewöhnlich und damit auch kein klares Indiz für eine unerkannte Arten“, konstatieren die Forschenden.

Keine ausreichende Basis für mehr als eine Spezies – bisher

Nach Ansicht der Paläontologen haben Paul und seine Kollegen demnach die drei Arten des Tyrannosaurus verfrüht und auf Basis unzureichender Daten postuliert. „Sie haben nicht genügend Belege geliefert, um diese Hypothese eindeutig zu bestätigen“, schreiben Carr und sein Team. Das bedeutet nicht, dass es nicht doch mehrere Spezies des Tyrannosaurus gegeben haben könnte. Aber bisher reichen die Indizien dafür einfach nicht aus.

„Tyrannosaurus rex bleibt der einzige wahre Herrscher der Dinosaurier“, sagt Koautor Steve Brusatte von der University of Edinburgh. „Basierend auf den Fossilien, die wir bisher haben, steht der T.rex weiterhin allein als Top-Prädator am Ende der Dinosaurier-Ära in Nordamerika da.“ (Evolutionary Biology, 2022; doi: 10.1007/s11692-022-09573-1)

Quelle: American Museum of Natural History

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