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Biologie

Strauße schlummern wie Schnabeltiere

Untersuchungen bei Straußen liefern neue Erkenntnisse über die Evolution des Schlafes

Afrikanische Strauße © gemeinfrei

Die Gehirnaktivität von Straußen während des so genannten REM-Schlafs ist einzigartig unter den Vögeln: Sie zeigt nicht nur schnelle, kleine REM-Wellen, wie sie für REM-Schlaf auch bei anderen Vögeln typisch sind. Stattdessen treten dabei Wellen auf, wie sie eigentlich typisch sind für Tiefschlafphasen. Damit zeigen die Laufvögel ein ähnliches Schlafmuster wie das Schnabeltier, ein urtümliches Säugetier, das Eier legt. Während der Evolution sind offensichtlich aus einem einzigen Schlafmuster zwei verschiedene Schlafarten hervorgegangen. Der REM-Schlaf stellt dabei ein evolutionär neues Phänomen dar.

Vögel und die meisten Säugetiere zeigen zwei Formen von Schlaf, die sich durch ihre Gehirnwellenaktivität unterscheiden. Diese Aktivität messen Forscher mittels Elektroenzephalogramm (EEG). Der sogenannte non-REM-Schlaf zeichnet sich dabei urch große, langsame Wellen im EEG aus, während der REM-Schlaf („Rapid Eye Movement“) kleine, schnelle Wellen zeigt – ähnlich dem Muster, das man bei Wachphasen findet. Wie diese verschiedenen Phasen zustande kommen, haben nun John Lesku und Niels Rattenborg vom Max-Planck-Institut für Ornithologie zusammen mit internationalen Kollegen unteruscht.

Strauße beim Schlafen „belauscht“

„Wenn wir verstehen, wie diese beiden Arten von Schlaf, in der Evolution entstanden sind, könnten wir Einblicke in deren Funktion bekommen“, sagt Rattenborg. Für ihre Studie analysierten Rattenborg und Lesku die Schlafmuster bei einem als urtümlich geltenden Vogel, dem Strauß. Sechs Weibchen aus einer Straußenfarm in Free State in Südafrika wurden mit Elektroden versehen, um die Gehirnaktivität mittels EEG, die Augenbewegung und die Muskelspannung zu messen.

Ähnlichkeiten mit Schnabeltieren

Erstaunlicherweise erinnerte die dabei beobachtete Gehirnaktivität der schlafenden Strauße an jene, die man bei schlafenden Schnabeltieren beobachten konnte. Die Strauße traten periodisch in eine REM-Schlaf-Phase mit schnellen Augenbewegungen und reduzierter Muskelspannung ein. Das EEG zeigte jedoch ein anderes Muster. Statt einer Aktivität, die charakteristisch für den REM-Schlaf wäre, wechselte das EEG zwischen REM- und non-REM-Schlaf.

Innerhalb der Säugetiere zeigen zum Beispiel die Beuteltiere und die Plazentatiere, zu denen auch der Mensch gezählt wird, sowohl einen non-REM- als auch einen REM-Schlaf. Das EEG von urtümlichen Säugetieren wie den Kloakentieren weist hingegen nur den non-REM-Schlaf auf. Eine Ausnahme bilden dabei die Schnabeltiere: Hier stellten die Wissenschaftler auch äußerliche Anzeichen von REM-Schlaf fest, wie schnelle Augenbewegungen und eine Reduzierung der Muskelspannung.

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Weil die Strauße eine geringe Gehirnaktivität während des REM-Schlafs zeigen, sind die Laufvögel vermutlich schon auf einem fortgeschrittenem evolutionären Weg verglichen mit Tieren, die einen “klassischen“ REM-Schlaf aufweisen. „Die Aktivierung – ein Kennzeichen des REM-Schlafes – ist beim Menschen, den meisten Säugetieren und auch bei Vögeln ein neues Merkmal der Evolution, das bei Tieren, die auf der evolutionär niedrigeren Stufe stehen, nicht vorhanden ist“, so Rattenborg.

(Max-Planck-Gesellschaft, 29.08.2011 – NPO)

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