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Ökologie

Stadtbäume leben schnell und kurz

Urbanes Umfeld sorgt für höhere Wachstumsraten – aber auch größere Sterblichkeit

Stadtbaum
Stadtbäume führen ein Leben unter Extrembedingungen. © Nikada/ iStock.com

Leben unter Extrembedingungen: Stadtbäume leben schneller, aber auch kürzer als ihre Verwandten auf dem Land. Wie eine Studie zeigt, führt das urbane Umfeld einerseits zu einem schnelleren Wachstum der Bäume. Gleichzeitig sind sie dort allerdings anfälliger und haben eine höhere Sterblichkeit. Um den positiven Effekt von Stadtbäumen voll auszuschöpfen, müsse daher verstärkt auf ihre Gesundheit geachtet werden, so die Forscher.

Bäume sind die grüne Lunge unseres Planeten: Die Pflanzen atmen große Mengen des schädlichen Treibhausgases Kohlendioxid aus der Atmosphäre ein und produzieren den für uns Menschen so wichtigen Sauerstoff. Gerade in der Stadt leisten sie darüber hinaus weitere wichtige Dienste. Denn über Verdunstungseffekte können Bäume dabei helfen, urbane Wärmeinseln herunterzukühlen. Zudem fungieren sie als effektive Staubfilter und wirken so der Luftverschmutzung entgegen.

Wie gut dieser Service der Stadtbäume auch uns Menschen tut, zeigen Studien eindrücklich: Je mehr Straßengrün Städter in ihrem direkten Umfeld haben, desto gesünder sind sie und desto wohler fühlen sie sich. Viele städtische Kommunen haben diesen Nutzen inzwischen erkannt und ihre Begrünungsbemühungen in den vergangenen Jahren deutlich intensiviert.

Stadt vs. Wald

Dabei gibt es jedoch eine Schwierigkeit: „Städte sind von Ökologen bisher nur wenig erforscht worden“, erklären Ian Smith und seine Kollegen von der Boston University. Man wisse daher kaum etwas über die Dynamik des Straßenbaum-Ökosystems und welche Pflanzstrategien die besten Effekte erzielen. „Unsere Erkenntnisse aus ländlichen Wäldern lassen sich auf die Stadt wahrscheinlich nicht ohne weiteres übertragen.“

Um mehr über die Unterschiede zwischen Stadt- und Landbäumen herauszufinden, haben die Wissenschaftler nun vergleichende Untersuchungen im US-Bundesstaat Massachusetts durchgeführt. Dabei betrachteten sie Bäume in der Stadt Boston und im nahegelegenen Harvard Forest auf dem Land: Wie schnell wachsen die Pflanzen, wie lange leben sie und wie groß ist ihr Potenzial als Kohlenstoffspeicher?

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Turbo-Wachstum in der Stadt

Die Ergebnisse zeigten: Die Bäume in der Stadt wuchsen im Schnitt deutlich schneller – ein Effekt, der bereits in früheren Studien festgestellt worden ist. Konkret waren etwa die auf den Durchmesser bezogenen Wachstumsraten der Stadtbäume knapp viermal so hoch wie die ihrer Pendants auf dem Land.

Gleichzeitig enthüllten die Auswertungen jedoch, dass die Stadtbäume eine höhere Sterblichkeit hatten. Demnach war die durchschnittliche Mortalitätsrate der Straßenbäume im Zeitraum von 2006 bis 2014 mehr als doppelt so hoch wie die der Waldbäume. Wie anfällig ein Baum war, hing dabei allerdings auch von der Art ab: „Die Sterblichkeit variierte je nach Gattung stark. Sie war bei Straßenbäumen aber immer höher als bei nicht urbanen Bäumen der gleichen Gattung“, berichten die Forscher.

„Vorteil nicht voll ausgeschöpft“

Auch in Zusammenhang mit der Größe stellte das Team Unterschiede fest. So war sowohl in der Stadt als auch im ländlichen Raum die Sterblichkeit unter kleinen Bäumen besonders hoch. Während die Mortalitätsrate von Waldbäumen mit zunehmender Größe exponentiell abnahm, war im urbanen Umfeld jedoch etwas anderes zu beobachten: Dort waren neben den ganz kleinen offenbar auch die größeren Bäume besonders anfällig.

Insgesamt zeichnet sich damit ab: Ein Baum in der Stadt wird zwar schneller größer als ein Baum in einem intakten Wald – und speichert im Laufe der Jahre damit auch potenziell mehr Kohlenstoff. „Dieser theoretische Vorteil kann aufgrund der hohen Sterblichkeit allerdings nicht voll ausgeschöpft werden“, konstatieren die Wissenschaftler.

Pflanzinitiativen reichen nicht

Lediglich mehr Bäume zu pflanzen, sei in der Stadt daher nicht der richtige Ansatz. Es gehe auch darum, die Sterblichkeit zu reduzieren: „Die Bemühungen müssen dahingehen, kleinen Bäumen noch besser bei der Etablierung zu helfen und sich verstärkt um die Gesundheit und den Erhalt größerer Bäume zu kümmern“, so das Team. Nur so könne das bisher noch nicht voll ausgeschöpfte Potenzial des urbanen Blätterdachs in Zukunft genutzt werden. (Plos One, 2019; doi: 10.1371/journal.pone.0215846)

Quelle: PLOS

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