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Biologie

Spinnen-Phobie: Was steckt dahinter?

Experimente ergründen Angst vor den „grusligen Krabblern“

Angst vor Spinnen: Jede dritte Frau und jeder fünfte Mann hat sie. Ist dies ein in der Evolution erworbener Schutzmechanismus vor giftigen Tieren? Oder steckt etwas Anderes dahinter? In Expermenten haben Psychologen jetzt diese Fragen näher untersucht – mit zum Teil Überraschenden Ergebnissen.

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Spinnen sind eklig, irgendwie gruselig und ihre Bisse giftig – das finden jedenfalls viele. Kein Wunder, dass ein großer Anteil der Bevölkerung zugibt: „Ich habe Angst vor Spinnen“. Aus evolutionärer Sicht könnte diese Angst Sinn ergeben. Spinnen sind Jäger und verabreichen ihren Opfern Gift, das diese lähmt und hilflos macht – allerdings kann dies in der Regel nur Insekten und kleinen Säugetieren gefährlich werden. Wer Angst hat, wird jedoch beim ersten Anblick einer Spinne in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und kann so möglicherweise dem lähmenden Biss entgehen. Klingt schlüssig und wurde wohl deshalb bisher als Erklärung von vielen Seiten akzeptiert.

Bienen und Wespen sind gefährlicher

Ein Team um den Würzburger Psychologen Georg W. Alpers hatte allerdings Zweifel an der Richtigkeit dieser These: „Wenn das Gift Auslöser für die Angst ist, müssten Menschen eigentlich genauso stark auf andere Tiere reagieren, beispielsweise auf Bienen oder Wespen“, sagt Alpers. Tatsächlich stellen die Insekten für Menschen eine sehr viel realere Gefahr dar als Spinnen: Ihr Stich kann eine tödlich verlaufende allergische Reaktion auslösen; und selbst ein gesunder Mann wird es nicht überleben, wenn ein Bienenschwarm auf ihn losgeht und 500- bis 1000-mal zusticht.

Alpers und seine Mitarbeiterin Antje Gerdes und die Biologin Gabriele Uhl, die an der Universität Würzburg den Lehrstuhl für Zoologie vertrat, wollten deshalb wissen, ob Menschen allgemein Furcht verspüren, wenn sie auf die „grusligen Krabbler“ stoßen, ob dies nur für giftige Arten gilt – oder ob Spinnen einzigartig sind, wenn es darum geht, Angst hervorzurufen. Dazu präsentierten sie Studierenden Bilder von Spinnen, Wespen, Bienen, Käfern, Schmetterlingen und Motten und befragten sie danach, wie sehr sie sich vor den Tieren fürchteten oder ekelten und für wie gefährlich sie diese hielten.

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Spinnenangst und -ekel sind einzigartig

Ergebnis: „Spinnen riefen signifikant mehr Angst und Ekel hervor als die anderen Tiere“, so Alpers. So wie Angst vor Gefahr schützt, schützt Ekel vor Vergiftung durch Verdorbenes. Das würde erklären, dass manche sich vor Käfern ekelt. Tatsächlich übertrifft aber in der Studie der Ekel vor Spinnen bei

weitem den Ekel vor Käfern.

Gleichzeitig stuften die Teilnehmer Spinnen als deutlich gefährlicher ein als Bienen, Käfer oder Motten. „Spinnenangst ist also tatsächlich spinnenspezifisch“, so der Schluss des Psychologen. Und: „Die mögliche Gefahr, die von einer Tierart für den Menschen ausgeht, reicht als Grund alleine nicht

aus, um solche Ängste zu erklären, wie wir sie im Fall der Spinnen finden.“

Die Gewöhnung an Stiche vermindert die Angst

Wieso aber nur Spinnen Angst auslösen, Bienen jedoch nicht, dafür gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Eine lautet: „Weil Menschen mit Bienen mehr Erfahrungen haben als mit Spinnen, da sie schon immer am Honig interessiert waren“, erklärt Gerdes. Zu diesen Erfahrungen gehört es zwar auch, hin und wieder gestochen zu werden. Das ist aber nur von Vorteil: „Auf diese Weise konnten die Menschen die Erfahrung machen, dass Bienenstiche in der Regel nicht zum Tod führen. Die Gewöhnung hat zur Folge, dass Angst zurückgeht“, so die Psychologin.

Anders bei den Spinnen: Weil einfach nicht genug Menschen von den Krabblern gebissen werden, fehlt es an der Erfahrung, dass diese Bisse vergleichsweise harmlos sind.

(Universität Würzburg, 28.11.2008 – NPO)

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