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Biologie

Spinnen: Mehr Nachwuchs durch Selbst-Kastration

Abgebrochenes Paarungsorgan überträgt mehr Spermien

Weibchen der Art Nephilengys malabarensis mit einem abgetrennten Taster (roter Rahmen) in ihrem Genitaloregan. Vor ihr das sehr viel kleinere, halb aufgefressene Männchen. © Li et al. /Biology Letters

Forscher haben herausgefunden, warum sich Männchen einer tropischen Spinnenart während der Paarung oft selbst kastrieren: Dieser Akt der Selbstverstümmelung verhilft ihnen zu mehr Nachkommen- obwohl er sie für den Rest ihres Lebens zeugungsunfähig macht. Denn ihr abgetrenntes Paarungssorgan bleibt dabei im Genital des Weibchens stecken und pumpt weiterhin Spermien in sie hinein. Durch diese Art der Fern-Kopulation könne das Männchen weitaus mehr Spermien übertragen als bei einer normalen Paarung. Gleichzeitig verhindere der abgebrochene Spermienüberträger, dass andere Männchen sich noch mit diesem Weibchen paarten. Das erhöhe die Chancen des opferbereiten Männchens beträchtlich, der Vater der Nachkommen zu werden, berichten die Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“.

Bei der Paarung der Seidenspinnenart Nephilengys malabarensis geht es alles andere als liebevoll zu: Passt das fünf Mal kleinere Männchen nicht auf, bricht ihm das Weibchen die Spitze seines Paarungsorgans ab, einem zu einem Spermienüberträger umgebildeten Taster. Die Paarung und damit auch die Übertragung der Spermien ist damit vorzeitig beendet. Hat das Männchen Pech, wird es obendrein vom Weibchen getötet und verspeist.

Taster wird freiwilig geopfert

Doch die Spinnenmännchen haben eine Gegenstrategie entwickelt: Sie trennen freiwillig ihren gesamten Taster ab und lassen ihn im Weibchen stecken. Anschließend bleiben sie aber in der Nähe und bekämpfen jedes andere Männchen, das sich ihrem Weibchen nähert. „Dieses Verhalten scheint auf den ersten Blick ein Irrweg und damit eine Fehlanpassung zu sein, weil es die Männchen unfruchtbar macht“, sagt Erstautor Daiqin Li von der National University of Singapore. Aber evolutionär gesehen profitiere das Männchen: Denn diese Strategie erhöhe seine Chance, seine Gene an die nächste Generation weiterzugeben. Für das Männchen sei dies daher durchaus eine lohnende Anpassung an den sexuellen Kannibalismus der Weibchen.

Spinnen-Paarungen mit Zuschauern

Für ihre Studie hatten die Forscher jeweils ein Männchen auf das Netz eines noch unbegatteten Weibchens von Nephilengys malabarensis gesetzt. Die Paarung der beiden Spinnen wurde gefilmt und die Zeitdauer bis zum Abbruch einen der beiden Partner gestoppt. Anschließend ermittelten die Forscher, wie viele Spermien jeweils ihren Weg in den Genitaltrakt der Weibchen gefunden hatten.

Bei 22 von 25 Paarungen brach das Männchen seinen Taster ab und ließ ihn im weiblichen Genitaltrakt stecken. Zum diesem Zeitpunkt habe der Taster noch 67 bis 72 Prozent seiner Spermienfracht enthalten, berichten die Forscher. Weitere Beobachtung habe aber gezeigt, dass der Taster auch nach dem Abbrechen weiter Spermien an das Weibchen übertrug.

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„Dieses Verhalten verlängert damit nicht nur indirekt die Paarungsdauer, es erhöht auch tatsächlich die Menge der übertragenen Spermien.“, schreiben Li und seine Kollegen. Beendete nicht das Männchen, sondern das Weibchen die Paarung, habe man anschließend signifikant weniger Spermien in der Spermientasche des Spinnenweibchens gefunden. Da die Weibchen ihre Eier nach und nach mit dem Spermienvorrat aus dieser Tasche befruchten, bedeuten mehr Spermien auch mehr Nachwuchs. (Royal Society Biology Letters, 2012; doi: 10.1098/rsbl.2011.1202)

(Royal Society Biology Letters, 01.02.2012 – NPO)

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