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Zoologie

Soundguide für Frösche entwickelt

Forscher: Jeder quakt auf seine Art

Madagassischer Sirenen-Baumfrosch © Miguel Vences / Frank Glaw

War es tatsächlich die Nachtigall und nicht die Lerche? Für manche Menschen ist es fast unmöglich, Vogelstimmen eindeutig zuzuordnen. Gänzlich scheitern aber würden wohl die meisten, wenn es um das Quaken von Fröschen geht. Dabei verrät auch der Frosch durch sein Rufen, zu welcher Art er gehört. Wissenschaftler beweisen dies jetzt eindrücklich mit einem neuen Soundguide: Auf drei Audio-CDs sind die Rufe von rund 250 Arten madagassischer Frösche aufgezeichnet.

Diese außergewöhnliche Sammlung sowie umfassende morphologische und genetische Daten von Kaulquappen sind das Ergebnis eines dreijährigen Forschungsvorhabens auf Madagaskar.

Die Biologen Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München, Professor Miguel Vences von der Technischen Universität Braunschweig und Professor Noromalala Raminosoa von der Universität Antananarivo in Madagaskar verfolgten gemeinsam vor Ort ein ehrgeiziges Ziel: Es galt Methoden zu entwickeln, die eine schnelle und verlässliche Bestimmung von Fröschen ermöglichen – und die damit auch einen wirksamen Artenschutz unterstützen. Amphibien, und darunter besonders die Frösche, sind in ihrer Artenvielfalt weltweit gefährdet. Allein in Madagaskar sind 55 Amphibienarten vom Aussterben bedroht.

Madagaskar: 130 Millionen Jahre Isolation

Madagaskar ist seit 130 Millionen Jahren vom afrikanischen Festland und seit 90 Millionen Jahren von Indien getrennt. Es entwickelte sich daher auf dieser Insel eine einzigartige Vielfalt an Tieren und Pflanzen, die heute angesichts der rapide fortschreitenden Vernichtung der Waldgebiete zunehmend bedroht ist. Für ihren Erhalt müssen nun sorgsam Schutzgebiete ausgewählt werden, die möglichst vielen verschiedenen Arten das Überleben sichern sollen. Vor allem Gebiete mit einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt – so genannte Endemitenzentren – gilt es zu identifizieren. Als Indikatoren eignen sich insbesondere jene etwa 224 bekannten Froscharten, die zu 99 Prozent nur in ganz bestimmten Regionen Madagaskars vorkommen.

Allerdings ist die Suche und die genaue Bestimmung bei erwachsenen Fröschen nicht ganz einfach: Nicht selten leben sie versteckt unterirdisch oder gar hoch in den Bäumen, und viele sind sich zum Verwechseln ähnlich. Ganz anders dagegen ihr Quaken: Hier konnten die Wissenschaftler nahezu immer eindeutig zuordnen – und brauchten dazu den Frosch nicht einmal zu fangen. Die Bioakustik wurde so ein wichtiger Baustein eines schnellen Erfassungssystems. Daneben entwickelten die Wissenschaftler auf Madagaskar Bestimmungshilfen für Kaulquappen, und als neuestes Werkzeug passten sie eine genetische Bestimmungsmethode an, das so genannte DNA-Barcoding.

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Diese Analyse des Erbguts kommt immer dann zum Einsatz, wenn sich die Arten einem eindeutigen Ruf verweigern. Aus dem Gewebe der fraglichen Exemplare wird zunächst DNA extrahiert. Die Wissenschaftler sequenzieren und analysieren daraus ein Fragment der mitochondrialen DANN. Seine Länge beträgt etwa 550 Basenpaare.

Gensignaturen der Froscharten erstellt

Von fast allen bekannten und vielen neuen, noch unbeschriebenen Froscharten Madagaskars konnten solche Gensignaturen inzwischen erstellt werden. Sie werden in Zukunft eine schnelle und eindeutige Zuordnung der Frösche ermöglichen. Diese Arbeiten, die sich nahtlos in globale Bemühungen für einen Identifizierungs-Standard aller Organismen mittels Erbgut-Signaturen einfügen, wurden beim First International Congress for the Barcode of Life im Februar 2005 in London vorgestellt und in der Fachzeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society“ veröffentlicht.

Faszination Kröten

Die Expeditionen im Rahmen des Projekts sind jetzt beendet. Ein Standardverfahren für die Schnellerfassung von Amphibien in Madagaskar liegt vor und soll helfen, sinnvoll Prioritäten im madagassischen Naturschutz zu setzen. Durch die enge Zusammenarbeit im Zuge des Partnerschaftsprogramms der VolkswagenStiftung stehen nun auf Madagaskar das Know-how und die Geräte für weiterführende bioakustische und genetische Datensammlungen zur Verfügung. Für die beteiligten Wissenschaftler aus Deutschland wird es dennoch vermutlich nicht die letzte Expedition auf diese Insel gewesen sein, denn gerade die Anwendung der neu entwickelten Methoden eröffnet weitere faszinierende Forschungsperspektiven.

„Ich habe mit vier Jahren begonnen, Kröten und Salamander zu sammeln und meine Eltern damit fast in den Wahnsinn getrieben“, gesteht Vences. Die Faszination für die Kröten hat ihn ebenso wenig verlassen wie seinen Kollegen Frank Glaw. Weder Überschwemmungen noch politische Unruhen oder die Gefahr von Malaria konnten die beiden davon abhalten, ihre Feldforschung auf Madagaskar zu betreiben. So ganz nebenbei entdeckten sie mittlerweile bei ihren Streifzügen noch über hundert neue Arten von Fröschen, außerdem neue Schlangenarten, Echsen sowie ein bisher unbekanntes Zwergchamäleon – eines der kleinsten Reptilien der Welt.

Die VolkswagenStiftung unterstützte das Projekt Soundguide für Frösche im Rahmen ihres Partnerschaftsprogramms mit 63.000 Euro.

(idw – VolkswagenStiftung, 19.01.2006 – DLO)

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