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Zoologie

Selektive Impfung rettet Wölfe

Flächendeckende Impfung zur Eindämmung von Krankheitswellen nicht immer nötig

Um die Ausbreitung von Tollwut unter den vom Aussterben bedrohten Äthiopischen Wölfen zu verhindern, wurden im Jahr 2003 nur die gesunden Wolfsrudel in Nachbarschaft zu infizierten Rudeln geimpft. Eine Impfung der gesamten Population galt damals als zu aufwändig. Doch wie die Forscher nun in „Nature“ berichten, war diese umstrittene Strategie weitaus erfolgreicher als angenommen. Denn eine Impfung von nur 30 Prozent aller Wölfe hatte ausgereicht, die Ausbreitung der Tollwut effektiv einzudämmen.

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Soll man eingreifen oder besser der Natur ihren Lauf lassen? Diese Frage stellt sich Naturschützern und Veterinären immer wieder, wenn Wildtierbestände von Krankheitsepidemien erfasst werden. So auch Ende des Jahres 2003, als eine Tollwut-Epidemie unter den Äthiopischen Wölfen in den Bale-Bergen im Hochland Äthiopiens ausbrach. Dieser rotbraune Wolf ist die seltenste Caniden-Art der Welt mit einer Gesamtpopulation von nur rund 500 Tieren. Die Tollwut drohte, das Überleben der gesamten Art zu gefährden. Doch die wilden Wölfe gegen Tollwut zu impfen ist nicht einfach und auch nicht unumstritten, denn die Tiere müssen dazu gefangen und narkotisiert werden.

Theorie und Praxis

„Die Theoretiker haben mit viel Aufwand ausgetüftelt, wie man Populationen impfen muss, um zu verhindern, dass Epidemien ausbrechen“, sagt Dr. Dan Haydon von der Universität Glasgow und Erstautor der Studie. „Doch das erfordert Impfabdeckungen, die in Wildtierpopulationen völlig unrealistisch sind.“ Man habe sich daher diejenigen Strategien angesehen, so Haydon, die zwar einen Ausbruch nicht verhinderten, jedoch das Risiko minimierten, dass dieser sehr umfassend wird. Diese Strategien seien effektiv und wesentlich praktikabler – und könnten eine bedrohte Tierpopulation durchaus über die kritische Phase hinüberretten und vor dem Aussterben bewahren.

Haydon und seine Kollegen zeigen, dass das Fangen und Impfen der gesamten Wolfspopulation als Präventivmaßnahme nicht nur unpraktikabel sondern auch nicht wirklich erforderlich ist. Die während des Tollwut- Ausbruchs 2003/04 angewandte Strategie zielte vielmehr darauf ab, selektiv nur die gesunden Wolfsrudel in Nachbarschaft zu infizierten Rudeln zu impfen. Auf diese Weise schaffte man gewissermaßen eine Barriere aus nicht anfälligen Tieren und hoffte, dass die Epidemie diese „Barriere“ nicht überspringen würde. Die Autoren zeigen in ihren Modellrechnungen, dass mit diesem Vorgehen langfristig weniger Tiere geimpft werden müssen um das mit solchen Epidemien einhergehende Aussterberisiko zu minimieren, als bei einer umfassenden Impfung – selbst wenn die Krankheitsausbrüche häufiger werden. Eine Impfung von nur 30 Prozent der Gesamtpopulation hatte 2004 ausgereicht, die Ausbreitung der Tollwut effektiv einzudämmen.

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Sterblichkeitsrate deutlich reduziert

Die Autoren empfehlen im Fall der Wölfe ein intensives Monitoring, um schnell eingreifen zu können wenn ein an Tollwut verendetes Tier gefunden wird. Die Impfteams müssten dann sofort die Teilpopulationen in den angrenzenden Tälern behandeln. Zusätzlich sollten etwa 10 – 40 Prozent der Tiere in dem vom Ausbruch bereits betroffenen Rudel geimpft werden, besonders bei großen und eng zusammenlebenden Rudeln. Diese Maßnahmen könnten die Sterblichkeitsrate bei einem Ausbruch deutlich reduzieren.

Dr. Karen Laurenson, Mitarbeiterin der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und der Universität von Edinburgh, die das Impfprogramm leitete, ergänzt: „Die Verbreitung der Äthiopischen Wölfe ist auf einige wenige Bergenklaven im Hochland Äthiopiens begrenzt.

Krankheiten wie Tollwut und Staupe, die von Haushunden übertragen werden können, stellen das größte Risiko für ihr Überleben dar. Wir haben gezeigt, dass die Impfung der Wölfe, wenn sie angemessen und strategisch eingesetzt wird, eine sichere, direkte und effiziente Methode ist, um die Bedrohung für diese Art zu reduzieren. Mit der Einführung einer neuen Generation von oralen Impfstoffen wird diese Methode immer besser und kostengünstiger. Unser Hauptziel ist nun, herauszufinden, ob die Äthiopischen Wölfe mit Impfködern geimpft werden können, wie sie in Europa schon lange erfolgreich gegen die Tollwut bei Füchsen im Einsatz sind.“

(idw – Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V., 12.10.2006 – AHE)

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