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Zoologie

Seepferdchen-Väter: Mehr als „ein bisschen schwanger“

Schwangerschaft der Seepferdchen ähnelt verblüffend der des Menschen

Ein neugeborenes Dickbauchseepferdchen verlässt die Bruttasche seines Vaters. © Rudie Kuiter, Aquatic Photographics

Rollentausch im Tierreich: Männliche Seepferdchen übernehmen die Schwangerschaft in noch größerem Ausmaß als gedacht. Sie tragen den Nachwuchs nicht nur in ihrer Bauchtasche herum, sondern versorgen ihn dort auch mit Nährstoffen. Selbst auf genetischer Ebene ähnelt diese Seepferdchen-Schwangerschaft derjenigen des Menschen, berichten Wissenschaftler. Dies bietet hervorragende Einblicke darin, wie sich die Schwangerschaft im Tierreich entwickelt hat.

Seepferdchen sind einzigartig im Tierreich: Bei ihnen ziehen die Männchen nicht nur die Jungen auf, sie übernehmen auch gewissermaßen die Schwangerschaft. Nachdem sie bei der Paarung die Eier des Weibchens befruchtet haben, tragen sie diese in einer Bauchtasche mit sich und brüten sie aus. Nach einer Tragezeit von 24 Tagen verlassen die Embryos schließlich die Bruttasche.

Seepferdchen-Väter tun dasselbe wie menschliche Mütter

Doch während dieser Zeit stellen die Männchen dem Nachwuchs weitaus mehr zur Verfügung als nur einen sicheren Aufenthaltsort. Camilla Whittington von der University of Sydney und ihre Kollegen haben an Dickbauchseepferdchen (Hippocampus abdominalis) festgestellt, wie sehr die Tragezeit der Männchen tatsächlich der Schwangerschaft bei weiblichen Säugetieren ähnelt. „Überraschenderweise tun Seepferdchen-Väter eine Menge derselben Dinge, die menschliche Mütter tun“, sagt Whittington.

Einen großen Teil ihrer Nährstoffe erhalten die jungen Seepferdchen zwar mütterlicherseits aus dem Dotter des Eis, in dem sie heranwachsen. Die Tasche der Väter habe sich aber so weit entwickelt, dass sie auch äußerst komplexe Versorgungsansprüche erfüllen könne, erklärt Whittington: Die Embryos erhalten von ihrem Vater zusätzliche wichtige Nährstoffe, vor allem energiereiche Lipide und für den Skelettaufbau wichtiges Kalzium. Vermutlich werden diese Nährstoffe in die Tasche ausgeschieden und von den Embryos aufgenommen.

Außerdem sind die Eier in der Tasche durch das Immunsystem des Vaters auch vor Krankheiten geschützt. Ausscheidungsprodukte der Seepferdchen-Babys werden ebenfalls entsorgt, und auch der funktionierende Gasaustausch für ihre Atmung ist sichergestellt. Bei Säugetieren geschieht dies im Mutterleib über die Nabelschnur.

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Paarungstanz der australischen Dickbauchseepferdchen© Dr Camilla Whittington

Gene zeigen Schwangerschaft wie beim Menschen

Die Ähnlichkeiten zum Menschen gehen aber noch über die Funktion des Brutbeutels hinaus. Die Forscher nahmen während der Seepferdchen-Schwangerschaft Proben aus der Tasche der Männchen und untersuchten anhand der RNA, wie sich die Genexpression im Verlauf der Zeit änderte. Dabei fanden sie ähnliche Expressionsmuster wie bei menschlichen Müttern. Der Verlauf der Schwangerschaft spiegelt sich in den aktiven Genen wider und die Funktionen der Bruttasche passen sich zu jedem Zeitpunkt an den Bedarf des Nachwuchses an.

Dies bietet den Forschern Hinweise darauf, wie ähnlich sich die Mechanismen der Schwangerschaft während der Evolution bei völlig verschiedenen Tierarten entwickelt haben. „Unabhängig von der Spezies bietet die Schwangerschaft eine Menge schwieriger Herausforderungen“, sagt Whittington. „Wir haben uns unabhängig entwickelt, um diese Herausforderungen zu lösen. Aber unsere Forschung deutet daraufhin, dass selbst entfernt verwandte Tiere ähnliche Gene benutzen, um die Schwangerschaft zu bewältigen und gesunden Nachwuchs zu gebären.“ (Molecular Biology and Evolution, 2015; doi: 10.1093/molbev/msv177)

(University of Sydney, 02.09.2015 – AKR)

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