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Biologie

Sechster Sinn der Schlangen enträtselt

„Wasabi-Rezeptor“ verantwortlich für ultragenaue, dreidimensionale Infrarotsicht

Waldklapperschlange Crotalus horridus mit Grubenorgan zwischen Auge und Maul © Tad Arensmeier / CC-by-sa 2.0

Das Geheimnis der dreidimensionalen und bis auf tausendstel Grad genauen Infrarotsicht der Schlangen haben jetzt amerikanische Forscher enträtselt. Sie entdeckten den für den Wärmesinn verantwortlichen Rezeptor im Grubenorgan der Tiere. Wie sie jetzt in „Nature“ berichten, handelt es sich interessanterweise um den gleichen Sensor, der beim Menschen den scharfen Geschmack von Senföl und Wasabi registriert.

Schlangen können – anders als wir Menschen – Infrarotstrahlung wahrnehmen und damit dreidimensionale Wärmebilder ihrer Umgebung sehen. Durch die bei einigen Schlangenarten bis auf drei tausendstel Grad genaue Wärmewahrnehmung können sie selbst in völliger Dunkelheit noch Mäuse oder andere Beute fangen. Entscheidend für diese „Infrarotsicht“ ist bei Grubenottern das Grubenorgan, eine zwischen Auge und Maul liegende luftgefüllte Kammer, die durch eine dünne, von Nervenzellen erfüllte Membran gegenüber der Außenwelt abgeschirmt ist. Bei Boas und Pythons übernimmt das unabhängig entstandene Labialorgan am Mundrand diese Aufgabe.

Welche Physiologie aber hinter dem Wärmesinn steckt und warum er so extrem genau ist, das war bisher weitestgehend unbekannt. Unklar war beispielswese, ob der Mechanismus rein thermisch funktioniert oder doch eine photochemische Reaktion, ähnlich der beim Lichtsehen, mit einschließt. Jetzt haben Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in San Francisco um David Julius diese Frage geklärt.

„Wasabi-Rezeptor“ als Wärmesensor

Die Forscher gelang es, bei Grubenottern, Pythons und Boas einen für die Infrarotsicht verantwortlichen Rezeptor zu identifizieren. Der Rezeptor, TRPA1 genannt, findet sich auf den Nervenfasern, die das Grubenorgan durchziehen – und er ist kein Unbekannter: Denn auch der Mensch besitzt TRPA1. Bei uns allerdings registriert er keine Wärme, sondern den scharfen Geschmack von Wasabi, Senföl und Co. und wird deshalb auch als „Wasabi-Rezeptor“ bezeichnet. Er reagiert spezifisch auf die chemische Gruppe der Isothyocyanate, dem Schärfe gebenden Inhaltsstoff dieser Lebensmittel.

Was aber sucht ein solcher Rezeptor bei den Schlangen? Offenbar ist das sensorische Repertoire von TRPA1 weitaus breiter als bisher angenommen. Denn bei den Schlangen wird sein Ionenkanal eindeutig durch die Wärme aktiviert, nicht durch ein chemisches Signal, wie die Forscher feststellten. Die Theorie von einer photochemischen Aktivierung scheint damit erstmal wiederlegt.

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(Nature, 15.03.2010 – NPO)

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